Rezension
The Weepies
Hideaway
Highlights: Orbiting // Hideaway // Old Coyote
Genre: Indie-Folk-Pop
Sounds Like: The Magic Numbers // Rosie Thomas // Belle & Sebastian
VÖ: 18.04.2008
Was für ein romantisches kleines Geschichtchen: Deb Talan und Steve Tannen, beide mit ganzem Herzen Singer-Songwriter, lernen sich auf einer von Steves Shows kennen. Sie fühlen sofort eine gewisse musikalische Seelenverwandtschaft, beginnen, zusammen als "The Weepies" zu touren, erobern mit ihrem gemeinsamen Debütalbum, dem verträumten "Say I Am You" die iTunes-Folk-Charts, sogar renommierte US-Serien wie Scrubs und Grey's Anatomy bedienen sich ihrer Songs. Im Jahre 2007 schließlich, sechs Jahre nach ihrer ersten Begegnung, heiraten Deb und Steve, im Oktober kommt ihr gemeinsamer Sohn Theo Samuel Tannen zur Welt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann... lassen sie noch heute nachts um drei von ihrem kleinen Hosenscheißer wecken. Persönliche Vermutung: Um sich den gesunden Nachtschlaf zu bewahren und den Kleinen ruhig zu halten, haben die Weepies "Hideaway" geschrieben.
Über den Nachfolger des schönen „Say I Am You“ kann nämlich rein metaphorisch folgendes behauptet werden: Wenn „Hideaway“ ein Produkt aus dem Elektroladen wäre, wäre es eine dieser matt schimmernden Lampen, die kleinen Kindern das Einschlafen erleichtern sollen. Denn durch den friedlich geflüsterten, zart gesäuselten Gesang von Talan und Tannen, die leise gezupften Gitarrenakkorde und die schönen, aber unprätentiösen Melodien üben die Weepies eine ungemein einlullende Wirkung aus. Vor allem Stücke wie „Orbiting“ oder „Hideaway“ jagen trotz aller Melancholie stets einem Lichtschimmer am Ende des Horizonts hinterher, spenden dadurch eine sanfte innere Wärme – unaufdringlich und doch alleine durch seine Gegenwart beruhigend, wie das liebe Nachtlicht eben.
Dies ist weitaus weniger degradierend gemeint, als es wahrscheinlich klingt, denn keinem einzigen der 14 Lieder kann seine ehrliche Schönheit abgesprochen werden. Auch zeigt jedes einzelne Stück, vom eröffnenden, nachdenklich in die Zukunft blickenden „Can’t Go Back Now“ bis zu „All This Beauty“, das „Hideway“ lebensbejahend und beinahe beswingt abschließt, weswegen sich die Songs der Weepies als geradezu prädestiniert für die Untermalung von schicksalsschwangeren Szenen hipper US-Serien erwiesen haben: Sie vertonen perfekt das Gefühl, das den Menschen an meist unerwarteten Wendepunkten in seinem Leben beschleicht, die Ambivalenz zwischen dem Schwelgen in der verlorenen Vergangenheit und dem beherzten Schritt nach vorne, das Schwanken zwischen Trauer und Freude, Furcht und Hoffnung.
Wer sich jedoch nicht in einer solchen Situation befindet und keinen Soundtrack für die Weggabelung benötigt, der mag diesem Sich-nicht-entscheiden-können zwischen Depression und Optimismus vielleicht nichts abgewinnen können, dem mag „Hideway“ vielleicht nicht bedrückend genug für den verregneten Sonntagnachmittag und nicht erhebend genug für die ersten Sonnenstrahlen sein. Für alle anderen könnten die Weepies immer noch das sein, was Stephen Patrick Morrissey vor mehr als 20 Jahren im Hinterkopf hatte: Ein Licht, das in den Dämmertagen des Lebens beruhigend leuchtet, eins, das niemals erlöschen wird.
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