Rezension

The Verve

Forth


Highlights: Love Is Noise // I See Houses // Numbness
Genre: Britpop
Sounds Like: U2 // Oasis // Blur

VÖ: 22.08.2008

Auch wenn uns das neue Jahrtausend schon viele Reunions beschert hat, war die Euphorie der Musikforen fast grenzenlos, als The Verve im Juni 2007 ihr erneutes Comeback verkündet hatten. Da das letzte Studioalbum „Urban Hymns“ auch das Produkt einer Reunion war, wurde direkt argumentiert, dass wir von Richard Ashcroft, Nick McCabe, Peter Salisbury und Simon Jones nichts anderes erwarten könnten als ein weiteres Britpopfeuerwerk.

Gehen wir direkt in die Vollen: Wer sich „Forth“ aufgrund von Urban Hymns, oder noch schlimmer, aufgrund von „Bitter Sweet Symphony“ oder „The Drugs Don't Work“ zulegen will, sollte dies tunlichst unterlassen, denn Singles sucht man auf dem Album fast vergeblich. Das liegt einerseits an der Songlänge, “Valium Skies“ ist mit 4:29 der kürzeste, „Noise Epic“ mit 8:13 der längste Song, aber auch an der generellen Aufmachung der zehn Songs. Weniges ist leicht verdaulich, und so mancher Titel benötigt eine Vielzahl von Anläufen, bis er richtig ins Ohr geht. Hat man dieses Stadium aber erst einmal erreicht, kann „Forth“ zum Genuss werden. Die erwarteten Orchestereinsätze sind zwar noch vorhanden, wurden aber deutlich reduziert.

Der sphärige, aber belanglose Opener „Sit And Wonder“ ist ein schlechter Einstieg und sorgt für einige Langeweile. Darauf folgt das bereits aus dem Radio bekannte „Love Is Noise“, das noch am ehesten an einen Radiohit erinnert und dessen Schalleffekt-Chor man nur lieben oder hassen kann. „Judas“ ist mit dem auf und ab von schönen und banal-schmalzigen Passagen eine kleine Gefühlsachterbahn für den Hörer. Der Song beginnt tranig und kommt nicht richtig in Fahrt, während Ashcroft gefühlte 100 Mal das Wort „Feelings“ singt. Aber dann, wie aus dem Nichts, legen die vier Briten zu und machen „Judas“ doch noch zu einem guten Song. In „Numbness“ ist der Name Programm, denn hier kann man die Betäubung durch die gedämpfte Aufmachung und Ashcrofts melancholischen Gesang richtig spüren. Ein ganz großer Gänsehaut-Moment versteckt sich in der Mitte des Songs. Ein Gitarrenriff von McCabe beginnt glasklar und setzt damit einen Kontrapunkt zu den Mitmusikern, um sich dann wieder Stück für Stück in die taube Atmosphäre einzufügen. „I See Houses“ beginnt mit einer wunderschönen Klaviermelodie, Ashcroft ist hier stimmlich und textlich voll in seinem Element. Die folgenden vier Songs sind nochmal ein Querschnitt durch das bisher Gehörte, und somit teils poppig, teils experimentell.

The Verve wählen mit „Forth" einen unsicheren, aber mutigen Weg und geben sich künstlerisch anspruchsvoller als auf „Urban Hymns“ oder Ashcrofts Solowerken. Ob sich dieser Schritt als richtig erweist, wird die Zeit zeigen.

Marcel Eike

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