Rezension

The Shins

Wincing The Night Away


Highlights: Sleeping Lessons // Australia // Red Rabbits
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: Girls In Hawaii // Beach Boys // The Decemberists // Air (nur kurz)

VÖ: 26.01.2007

La la la la die Shins sind wieder da und sie singen la la la la und setzen im Booklet kaum Punkte oder Kommata und das macht das Verstehen der Texte noch ein bisschen schwieriger als es sowieso schon ist weil James Mercer ein ziemlicher Querdenker ist. Entschuldigung. Jetzt. Gibt. Es. Mehr. Satzzeichen. Und der ganze Spaß war ja eigentlich nur da, um klarzustellen, dass man sich "Wincing The Night Away" nicht über die Texte nähern sollte. Vermutlich würde man sich nur in Fehlinterpretationen verrennen und wertvolle Zeit vergeuden, in der man auch die schöne Musik genießen könnte.

Doch halt: Kein drittes Album ohne Problem. Und im Vorfeld der Veröffentlichung von "Wincing The Night Away" zeichnete sich ein ziemlich dickes ab. Nach den durchweg großartigen Alben "Oh, Inverted World", Lennon/McCartney anno 2001, und "Chutes Too Narrow", vollkommener Indie-Pop anno 2004, war es praktisch unmöglich, ein qualitativ gleichwertiges Drittwerk folgen zu lassen. Der wohl einzige Ausweg war größere stilistische Vielfalt. Die ging offensichtlich einher mit einer ausgefeilteren (manche sagen: glatteren) Produktion. Zugegeben, ein wenig klingt das Album dabei so, als seien die vier Herren aus dem schönen US-Staat New Mexico von Sub Pop zu einem Major Label gewechselt. Sind sie aber nicht.

Den Melodien kann die Produktion außerdem sowieso herzlich wenig anhaben. Bestes Beispiel wohl das flotte "Australia", welches aufgrund der zahlreichen Wendungen noch am meisten an den Vorgänger "Chutes Too Narrow" erinnert. Ebenso erfreulich kommt die Eröffnung "Sleeping Lessons" daher. Steigert sich behutsamer als jeder sich steigernder Arcade-Fire-Song, und der Vergleich kommt nicht von ungefähr, denn wenn nach zwei Minuten und 24 Sekunden das Schlagzeug einsetzt, denkt man sofort an seine unprätentiösen Lieblingskanadier. Ähnlich verhält es sich mit "Red Rabbits". Ruhiger Beginn, James Mercer ist eindeutig der Herr im Ring, dann die Akustikgitarre und zum Schluss dürfen wieder alle vier mitspielen.

Dass ein Shins-Song ohne Refrain kein Shins-Song ist, oder zumindest kein guter, zeigt das schwächste Lied "Black Wave". "Pam Berry" trifft trotz gleicher Beweislage keine Schuld, da es als Intro für die Single "Phantom Limb" ein sehr gutes Alibi hat. Das nur scheinbar merkwürdige "Sealegs" schließlich, das nach Air und Hip Hop klingt, ist bei genauerem Hinhören ein ziemlich pfiffiger Popsong, den man gerne mitsummt.

Und wenn man abends auf dem Weg durch die Stadt eine Melodie im Kopf hat, von der man weiß, dass sie aus einem der neuen Shins-Songs stammt; wenn man sich schon wegen dieser einen Melodie so sehr auf das nächste Mal "Wincing The Night Away" freut, dass man für einen Moment glücklich ist - dann muss man feststellen, dass man nicht viel mehr von Musik erwarten kann. Und dieses bisschen mehr hatten die Shins eben schon beim letzten Album eingefangen. Was ist es bloß?

Mario Kißler

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