Rezension
The Secret Sisters
Put Your Needle Down
Highlights: Rattle My Bones // Pocket Knife // Good Luck, Good Night, Goodbye
Genre: Country // Folk
Sounds Like: The Everly Brothers // The Felice Brothers // Bob Dylan
VÖ: 27.06.2014
Gerade in Amerika gibt es ja tatsächlich noch Gegenden, die teilweise wirken, als wäre die Zeit stehen geblieben. Dafür muss man nicht einmal fragwürdige evolutionstheoretische Ansichten als Beweis nehmen – auch bezüglich dörflicher Sitten oder des sprachlichen Slangs wirken manche Ortschaften noch wie frisch aus dem Southern Gothic übernommen. Doch auch wenn solcherlei Gegenden gerne die Art von Schauplatz sind, in der die Teenager im Horrorfilm ein letztes Mal tanken, bevor sie im Wald abgeschlachtet werden, gedeiht auch eine ganz besondere Art von Musik gut in ihnen – Musik wie die der Secret Sisters zum Beispiel.
Muscle Shoals, Alabama. Noch Fragen bei einer solchen Herkunft? Falls ja – man höre „Lonely Island“, das alt genug klingt, um die Comedian Harmonists aus den Single Charts verdrängt zu haben. Doch bleibt dies eine besonders radikale Ausnahme auf „Put Your Needle Down“ – denn ansonsten erinnern die Gesangsharmonien des Geschwisterpaars Laura und Lydia Rogers eher an die Everly Brothers und andere Musiker der 50er Jahre. Passend dazu bildet das Herz ihrer Musik der Country (na, Dixie Chicks, neidisch auf „If I Don't“?) – der immer wieder von Folk oder, wie im düsteren PJ-Harvey-Cover „Pocket Knife“, Blues durchdrungen wird.
Auch thematisch könnte das zweite Album der Secret Sisters fast schon zusammen mit Captain America kurz nach WWII eingefroren worden sein: Geschichten über Liebeskummer oder Morde aus Liebe haben dem Country natürlich schon immer gut gestanden; die beswingteren Songs auf „Put Your Needle Down“ dagegen handeln davon, mit gewissen Burschen tanzen zu wollen („Rattle My Bones“) – oder eben nicht („Good Night, Good Luck, Goodbye“). Und sowieso, „Rattle My Bones“: wenn jemand noch einen Scheunen-Tanztee-Song mit auch nur halb so viel Potential zum Indiedisco-Hit findet, möge dieser bitte dem Verfasser dieser Zeilen bekannt gemacht werden. Klar, hip ist ein solcher Song genauso wenig wie das restliche Werk der Secret Sisters – wäre beim Hintergrund der Band auch fast schon verwunderlich gewesen. Aber manchmal ist der Staub vergangener Zeiten eben doch anziehender als der Schein der Moderne – gut, dass die mancherorts noch nicht angekommen ist.
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