Den neonfarbenen Seidenballonjogginganzug hatten wir nun beinahe wieder eingemottet, quäkten unsere Lieblingsbands doch die letzten drei Jahre bereits „Welcome back to the 80ies!“ Ob man diese Strömungen nun als Retromanie abstempelt, ihr mit Recycling- und Mülltheorien näher kommt – ja, „Pop“ zitiert immer nur wieder sich selbst – so richtig konnte man sich der Synthiewelle in der letzten Zeit jedenfalls nicht entziehen. Und schaut man sich das Cover der neuen Paper-Kites-Platte an, weiß man auch direkt, dass es erst mal so weitergeht. Zumindest, wenn man sich „Twelvefour“ anhört, und das sollte man!

Einfach hat es sich Frontmann Sam Bentley nicht gemacht: Die kreativste Phase im Alltag eines Künstlers findet angeblich zwischen zwölf und vier Uhr nachts statt. Dieser Angabe ist Bentley kurzerhand gefolgt, hat seinen Schlafrhythmus dem musikalischen Output geopfert und das Ganze auch tatsächlich zwei Monate lang durchgezogen – so jedenfalls will es die Legende. Nachdem Bentley sich nach dieser Episode ordentlich ausgeschlafen hatte, ging er mit seiner Melbourner Band und keinem Geringeren als Produzent Phil Ek (Fleet Foxes) ins Studio.

„Twelvefour“ ist ein organisches Schattenwesen geworden, das seine nächtliche Stimmung ganz natürlich verbreitet. Entspannt und samten gehen die Musiker vor, wenn sie uns Sätze wie „I'll do anything that you want; except what you're wanting from me“ vortragen. Zwar lassen es sich die australischen Musiker nicht nehmen, hier und da ein wenig Eighties-Glitzerstaub einzustreuen, ihre Folklastigkeit ist dennoch allgegenwärtig. Auf ihrem zweiten Langspieler haben sie zehn Stücke versammelt, die verspielt, naiv und gleichzeitig fokussiert und großartig sind. Die bisherige musikalische Vita der Band wird mit diesem Album zweifellos erweitert und hebt die Jungs und Mädels auf eine neue Stufe.

Sam Bentley hat sich nicht umsonst um den Schlaf gebracht und The Paper Kites legen mit ihrem Album in diesem noch so jungen Jahr konsequent die Messlatte im oberen Drittel an. Es bleibt uns also nichts Anderes übrig, als die fluffige Leichtigkeit einzuatmen und sich zu freuen. Fängt gut an, dieses Jahr!

Silvia Silko

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