Rezension

The Herbaliser

Same As It Never Was


Highlights: Same As It Never Was // Can't Help This Feeling // Amores Bongo // Game, Set & Match // Blackwater Drive
Genre: HipHop
Sounds Like: Kid Koala // Madcon // Skeewiff // Zero dB

VÖ: 23.05.2008

Die Vereinahmung des Soul und des Funk durch die breite Masse, bzw. deren neuzeitliche WiederVerchartung gehört sicherlich zu den großen Gewinnen der populären Musik im ausgehenden Jahrzehnt. Allerdings sträubt sich dem ein oder anderen Connaisseur das Nackenhaar, findet er die Musik, die und deren Bestandteile er jahre- und jahrzehntelang gehegt und gepflegt hat, plötzlich in der Öffentlichkeit wieder. Bezüglich dieser Pflege, die Soul und Funk nicht nur die ganzen 90er hindurch von verschiedenen Seiten erhielt, stellt sich natürlich weiterhin die Frage, ob nach weit mehr als zehn Jahren die umsorgende Musikrichtung zwischen Dancefloor-Jazz, Rare Groove, Big Beat und jazzigem HipHop immer noch eine Berechtigung hat oder ob diese, in Deutschland nicht zuletzt durch das Bemühen des Mojo-Clubs popularisierte, Art der musikalischen Vergangenheitsaufarbeitung des Leftfield langsam zu Grabe getragen werden sollte, also zu recht (auch) in den (deutschen) Charts (wieder) angekommen ist.

Ollie Teeba und Jake Wherry als Köpfen der inzwischen auf mindestens Quintettgröße angewachsenen The Herbaliser sind solche Überlegungen mal schnurzegal. Auch der Hörer sollte sich nicht darum kümmern, ob „Same As It Never Was“ so klingt, wie es klingt, weil Amy und Joss Erfolg hatten, oder weil die Musiker einfach machen, was sie machen und mögen. So überzeugend, wie sie ihre Selbstbeschreibung „James Brown meets James Bond“ umsetzen, sind fast alle Beschwerden hanebüchen oder zumindest übertrieben.

Sicherlich, mit fragwürdiger Objektivität formuliert, kratzt auch „Same As It Never Was“ am Vorwurf des Anachronismus. Vollkommen subjektiv hingegen schwächeln The Herbaliser insbesondere dort, wo die eingeladenen Rapper zu hart daherkommen. Die subjektive Einschätzung kurz ignorierend, punkten Wherry, Teeba und Mitstreiter im Gegensatz zu Zero dB und genau wie Skeewiff jedoch damit, dass dieses Album – und sei es noch so sehr in dieser Form bereits vor zehn Jahren möglich gewesen – von vorne bis hinten Spaß macht. Seien es die großen Schläge, seien es die Seele, der Groove und der alle Wurzeln umschließende Gedanke des HipHop, über 95 Prozent des Albums fügt es sich harmonisch ineinander, reißt mit und verwebt geschickt alle Bestandteile von den groovenden Beats über stimmige Samples bis zu idealen Vocals.

Auf neuem Label – erstaunlicherweise verließ das typischste Ninja-Tune-Gewächs die alte Heimat Richtung !K7 – begrüßen uns die Kräuterhändler mit dem Titeltrack als zurückgelehnt dahingroovendem Sommerhit. „On Your Knees“ lässt mit dem Gesang der neu gewonnenen Sängerin Jessica Darling die klassischen Soullabel auferstehen, überzeugt neben Big-Band-Sound aber insbesondere mit den geschickt gesetzten Cuts und Scratches. Drei weitere Soulkracher sorgen dafür, dass der Gesamteindruck des Albums schon gen heimischer Soul Weekender tendiert. „You’re Not All That“ lässt dabei vor allem durch das verwendete Schlagzeugarrangement aufhorchen. Doch Ollie Teeba und Jake Wherry wären nicht The Herbaliser, käme nicht der qualitativ hochwertige HipHop-Groove ebenso zur Geltung. „Just Won’t Stop (featuring Yungun aka Essa)“ steht am Anfang, doch der Soundtrack-Funk „Street Karma (featuring Jean Gray)“ und der aufgedrehte Bucovina-Hop „Game, Set & Match (featruing More Or Les)" toppen ihn mit Leichtigkeit. Apropos toppen, sich selbst übertreffen The Herbaliser mit jedem der drei Instrumentals. Wobei die beiden doch arg brasilianisch-bossanesken „The Next Spot“ und „Amores Bongo“ – so sehr vor allem letzteres mitreißt – gegen das reduziert jazzige „Blackwater Drive“ verlieren.

Nicht nur beim aktuellen Frühsommerwetter bildet „Same As It Never Was“ die perfekte Begleitung. Mag der Abschluss „Stranded On Earth“ noch so sphärisch sein, The Herbaliser überzeugen hier mit einem dicht produzierten, mitreißenden Soul-, Funk-, Jazz-, HipHop-Album, das vor allem eins will: Spaß machen. Und das schafft es.

Oliver Bothe

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