Rezension

The Ghost Of A Thousand

New Hopes, New Demonstrations


Highlights: Bright Lights // Knees, Toes, Teeth // Nobody Likes A Hero // Good Old Fashioned Loss
Genre: Hardcore-Punk
Sounds Like: Gallows // The Bronx // Cancer Bats

VÖ: 29.05.2009

Gehört hier jemand zur Fraktion, die sich ihre Lieblingsmusik als Weckton auf Handy oder Radiowecker laden? Die Sonne und Natur stilecht-esoterisch mit Björk begrüßen wollen, den Tag erst einmal entspannend mit Folkpop beginnen oder eine morgendliche Ladung Rise Against brauchen, um überhaupt in die Gänge zu kommen? Diesen Leuten sei geraten: Egal, wie super es euch auch gefallen wird - entschließt euch nicht für "New Hopes, New Demonstrations" von The Ghost Of A Thousand als Aufwachmusik. Ihr liefet Gefahr, der ersten Person, die ihr an diesem Tag begegnet, unweigerlich eine verpassen zu müssen.

Es ist nämlich fast schon beängstigend, wieviel Energie, Power und rohe Aggression in diesem Kotzbrocken von Album steckt - und besonders verblüffend ist es, wenn man sich mittels Bildern vergegenwärtigt, dass hier nicht etwa - wie spontan vielleicht anzunehmen gewesen wäre - eine Horde menschgewordener Pitbulls aus New York f'n City gewerkelt hätte, sondern ein Quintett aus schmächtigen Briten. Eine Konstellation also, die man spätestens seit Gallows nicht unterschätzen darf - doch gehen The Ghost Of A Thousand einfach mit noch stärkerem Raketenantrieb nach vorne, liebäugeln - selten hat diese Vokabel im Grunde weniger gepasst - noch deutlicher mit dem Punk der alten Schule und schütteln so nebenbei immer wieder Melodien aus dem Ärmel, für die auch mancher Popsänger diese Schreihälse beneiden dürfte.

Hier nach Highlights zu fischen, ist irgendwie, als müsste man sich entscheiden, von welchem WBA-Weltmeister man sich am liebsten verprügeln lassen würde: Weh tut alles, aber stets auf eine andere Weise - und hinterher hat man auf jeden Fall immer was zum Erzählen. Von "Knees, Toes, Teeth" zum Beispiel, für dessen Refrain The Bronx ihren gesamten Satz Mariachi-Klamotten eintauschen würden. Fuck your new romantics, it's only Rock and Roll - du Arsch. Oder dem groovy-groovy Beinahe-Tanzflächenfüller "Split The Atom" und der Tatsache, dass das ruhig gehaltene, einminütige Instrumental-Interlude "Small Mercies" schon beinahe einen zynischen Titel trägt, wenn man bedenkt, dass eben jener Titel und die erste Minute des darauf folgenden "Nobody Likes A Hero" quasi die einzige Verschnaufpause in knapp 35 Minuten ist, bevor dir Frontmann Tom Lacey kurze Zeit später schon wieder das Trommelfell aus dem Schädel bölkt. Und vom finalen kopfbangenden Moshmonster "Good Old Fashioned Loss" wollen wir gar nicht erst anfangen.

Wäre man als Schreiberling nicht an eine gewisse Elaboriertheit im Ausdruck gebunden, könnte man das Ganze zusammenfassen mit: "New Hopes, New Demonstrations" ist einfach mal obergeil. Da man's jedoch ist, soll es hier schlicht als eines der größten Highlights des Jahres für Freunde härterer Musik bezeichnet werden, einsetzbar in allen Lebenslagen: Beim Sport, beim Autofahren, im Moshpit. Und vielleicht doch beim Aufstehen. Auch Aggressivität ist manchmal schön.

Jan Martens

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