Rezension

The Black Dog

Further Vexations


Highlights: 0093 // Skin Clock // Kissing Someone Else’s Dog // Northern Electronic Soul [Part 3]
Genre: Techno // Electro
Sounds Like: Andrew Weatherall // Gas // Troy Pierce // Robert Hood // Tosca // Massive Attack

VÖ: 08.05.2009

Techno und elektronische Musik an sich sind – abgesehen vielleicht von einigen Ausreißern im Electropunk – nicht gerade bekannt für eine politische Botschaft. The Black Dog möchten mit ihrem Album „Further Vexations“ auf – nicht nur im Rahmen des Kampfes gegen den Terrorismus aufkommende – übermäßige Sicherheitsmaßnahmen und „weitere Ärgernisse“ aufmerksam machen. In einem vornehmlich instrumentalen Genre und auf einem vollkommen instrumentalen Album wie „Further Vexations“ ist die Deutlichkeit einer Botschaft natürlich eingeschränkt. Nichtsdestotrotz vermögen The Black Dog, ihre Stücke so zu gestalten, dass Stimmung und Intensität das Anliegen zumindest erreichbar erscheinen lassen.

Sirrende Klangflächen, pochende Beats und vibrierende Synthesizermelodien setzen in „Biomantric L-if-e“ den Ton für die fünfzehn Stücke. Langsam und bedrohlich entfaltet sich die dystopische Grundstimmung. In „0093“ treibt der Beat offensiv, während zwischendrin flächige Melodiefetzen erklingen. „You’re Only SQL“ schließt ebenso an, schaltet in der Intensität aber noch einen Gang hoch. Hüpfend melodische Beats hingegen dominieren „We Are Haunted“. „CCTV Nation“ – als Kommentar auf allgegenwärtige Überwachungskameras – zielt direkt auf die Tanzfläche, überzeugt aber von den angriffslustigen Nummern der ersten Albumhälfte vielleicht am wenigsten.

Die Aggressivität der ersten zwanzig Minuten spiegelt das Unheilschwangere im weiteren, ambienter elektronischen Verlauf. Nervös bebend beginnt dies mit „Stempel“ und setzt sich im umwerfend intensiven „Skin Clock“ fort. Verstörend komplex entfaltet „Tunnels Ov Set“ seine klanglichen Welten, wogegen „Later Vexations“ in seiner Harmonie fast wirkt, als solle es den Hörer besänftigen. Dieser Wohlklang bleibt jedoch die Ausnahme. Das abschließende „Kissing Someone Else’s Dog“ erscheint zwar sehr offen, doch die klingende Dreidimensionalität der Klanglandschaften ist dominiert von der Ungewissheit einer Zukunft, in der Sicherheit nicht mehr dem Erhalt von Freiheit dient, sondern in der sie zum Selbstzweck geworden ist.

Im Zentrum des Albums stehen jedoch die drei Teile des „Northern Electronic Soul“. Teil eins treibt unstet voran, Teil zwei eröffnet die klanglichen Weiten, die später „Kissing …“ wieder aufgreifen wird, die hier jedoch noch begrenzt und erfassbar erscheinen; den Höhepunkt erreicht aber „Northern Electronic Soul“ und das Album in Teil drei. Dieser erhebt sich langsam, aber stetig zu beeindruckender emotionaler Intensität, wirkt nicht befreiend, eröffnet aber die Möglichkeit, dass sich der dräuende Überwachungsstaat abwenden ließe.

Es darf bezweifelt werden, ob The Black Dog ihr politisches Anliegen mit „Further Vexations“ erreichen werden, oder ob sie überhaupt ihrer Verärgerung auch nur effektiv Ausdruck verliehen haben. Sicher aber haben sie mit dem Album ein grandioses, atmosphärisch eindringliches wie in der ersten Hälfte auch club-taugliches Werk geschaffen, das zumindest musikalisch einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Oliver Bothe

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