Rezension

The 1975

I Like It When You Sleep, For You Are So Beautiful Yet So Unaware Of It


Highlights: I Like It When You Sleep, For You Are So Beautiful Yet So Unaware Of It // The Sound // UGH!
Genre: Pop
Sounds Like: Maroon 5 // INXS // Toploader // M83 // Marillion // Phil Collins

VÖ: 26.02.2016

“I Like It When You Sleep, For You Are So Beautiful Yet So Unaware Of It” ist der Titel des zweiten Albums von The 1975. Schon der Titel deutet an, dass es sich hier um einen ziemlich seltsamen Bastard handelt. Einerseits erinnert die Länge des Titels an Fiona Apple, andererseits ruft der Titel inhaltlich Boyband-Assoziationen hervor.

Wie Matthew Healy, Sänger und Kopf der Band, im Gespräch mit Exclaim sagt, sehen The 1975 sich als “eine post-moderne Pop-Band”. Abgesehen davon, dass “Post-Modern” selbst heute ein Klischee ist, mag dies insofern zutreffen, als dass sich The 1975 in keiner Weise um Genre-Grenzen zu kümmern scheinen oder diese aufzulösen suchen. Andererseits ist “I Like It …” schon sehr einfach in eine Schublade zu stecken. Es ist Pop, Pop potenziert hoch n. Einige offensichtliche Referenzen sind Phil Collins, Joshua Kadison, Marc Cohn, INXS, Sting, Hall & Oates, Michael Jackson und Maroon 5. Dazu kommen aber eben auch Justin Bieber oder One Direction. Hinzu gesellen sich aber Elemente oder ganze Stücke, die an M83 und Artverwandte erinnern. Der scheinbare Widerspruch in “I Like It” lässt sich auch anders formulieren: Selbst wenn eine die Musik nicht mag, fällt es schwer, die Platte nicht als gut zu bezeichnen.

Die Vielfalt der Pop-Bezüge könnte bedeuten, “I Like It” wäre einfach eine Sammlung von unzusammenhängenden Nachahmungen ohne Originalität. Tatsächlich bedeutet es nur, dass The 1975 es vermögen, stilistische Eigenschaften der Popmusik der letzten 40 Jahre zu isolieren, zu reproduzieren und zu etwas Neuem zusammenzusetzen. Dabei bleiben aber die Bezüge erkennbar. All diese Pop-Bezüge in eine homogene Platte zu pressen, könnte bedeuten, alles verkomme zu einem einzigen Brei ohne klare Eigenschaften. Dies geschieht nicht, was von der Qualität des Songwritings der Band zeugt. Ihre Fähigkeiten werden dadurch bestätigt, wie The 1975 es schaffen, Jahrzehnte von Pop erfolgreich mit Elementen aus Dream-Pop, Ambient und Post-Rock zu einer harmonischen Mischung zu verbinden. In der Tat, „I Like It When You Sleep, For You Are So Beautiful Yet So Unaware Of It“ ist mit seinen über 70 Minuten Spielzeit eigentlich zu lang, aber selbst das fällt kaum auf. Die Platte wird nicht langweilig – außer eine kann mit Pop nun so gar nichts anfangen – sie braucht halt nur die Zeit, sie durch zu hören. Auch das ist ein Gütezeichen des Songwritings. Steht die Zeit nicht zur Verfügung, muss die Platte in mehreren Abschnitten gehört werden. Auch das ist ohne Probleme möglich.

The 1975 präsentieren auf “I Like It When You Sleep, For You Are So Beautiful Yet So Unaware Of It” einfach Pop. Es ist guter Pop. Es ist Pop, der musikalisch Besserwissende abstoßen mag, oder sie zu intellektuellen Eskapaden zwingt, um zu rechtfertigen, warum sie eben nicht angewidert sind. Vielleicht sind The 1975 einfach nur der neueste Beweis, wie sehr reine Popmusik (Bieber, Swift, Del Rey, Gaga, Jepsen, PC Music, etc.) dieser Tage selbst den Besserwissenden zu gefallen vermag – natürlich nur total ironisch, und eigentlich doch ganz ernsthaft. Dabei ist es ganz einfach: The 1975s zweites Album ist einfach überzeugend gute Musik.

Oliver Bothe

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UGH!
The Sound
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