Sybris sind eine dieser Bands, die beim ersten Hören so vollkommen frisch klingen und trotzdem ganz vertraut wirken. Wie Sex mit der/dem Ex sozusagen. Nur, dass man hier im Gegensatz dazu kein schlechtes Gewissen haben muss. Der Vierer aus Chicago tut mit seinem zweiten Album „Into The Trees“ zudem auch alles dafür, ein längeres Vergnügen als ein paar Stunden zu bescheren.

Die Energie, mit der Sybris zu Werke gehen, nimmt sofort gefangen. Bestens versteht es die Band, das Tempo immer wieder anzuziehen und die Lautstärke bei den richtigen Passagen auf ein Maximum zu drehen. Die Gitarrenwände erinnern an Indie-Epigonen wie Yo La Tengo und Sonic Youth und lassen nicht nur deshalb ein heimisches Gefühl an Gitarrenmusik der 90er Jahre aufkommen, als es noch darum ging, Komplexität und Eingängigkeit in perfekter Balance zu halten.

Um diese musikalische Basis kreist die Stimme von Sängerin Angela Mullenhour. Mal in bester Riot-Grrrl-Manier einer Karen O. oder Jermina von Be Your Own Pet, mal sexy betörend wie P.J. Harvey, zelebriert sie Aufsässigkeit und Melodik in gekonntem Einklang.

Das gesamte Album über bekommt man eine beeindruckende Palette an Abwechslung geboten und das in jeder Hinsicht. Man weiß zu Beginn nie so ganz, wohin einen Sybris in ihren Songs führen wollen. Schlagartig verändert sich das Tempo, plötzlich verwandeln sich harmlose Pickings in postrockige Soundgewitter, nur um im nächsten Moment wieder zu einer schönen Melodie zurückzufinden. Es ist ein wenig so, als ob man Broken Social Scene Feuer unter dem Hintern gemacht hätte und all der Bombast über Bord geworfen worden wäre. So muss Indie der 00er Jahre klingen, wenn er interessant bleiben will. Die Ex wartet diesmal vergebens.

Benjamin Köhler

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