Rezension

Super700

Super700


Highlights: Selfcontrol // Millions // Susan // I Love The Rain
Genre: Pop // Jazz
Sounds Like: Katie Melua // The Cardigans // Portishead

VÖ: 26.05.2006

Odysseus kann wirklich froh sein, dass er die Kirke hatte. Ohne ihren Tipp seinen Leuten die Ohren mit Wachs zu verstopfen, wäre er mit seinem Schiff bestimmt, wie die meisten anderen auch, an irgendwelchen Klippen zerschellt. Auslöser dieser Gefahr, und das wissen wir nicht erst seit dem modernen Äquivalent "Asterix erobert Rom" waren die Sirenen, die den Vorbeifahrenden mit ihrem Gesang den Verstand raubten.

Was das mit dem Album von Super700 zu tun hat, behandeln wir später. Vorher noch ein paar Fakten. Bandmitglieder: vier Jungs an den Instrumenten, drei Schwestern an den Mikrofonen. Herkunft: Berlin. Gründung 2003, Musik zum Film "Dancing With Myself" 2004, die erste EP "When Hare And Fox Had Fun" 2005. Ein Jahr später erscheint dann auch schon das selbstbetitelte Debüt, produziert von Gordon Raphael, der vor nicht allzu langer Zeit noch für The Strokes tätig war.

Und auf eben diesem Album springt einen der Vergleich zu den Sirenen aus der griechischen Mythologie förmlich an. Denn das herausragende Element dieser Platte ist der Gesang, den Ibadet Ramadani mit ihren beiden Backgroundsängerinnen Albana und Ilirjana auf die Platte zaubern. So muss es klingen, wenn man das getragene Element aus Didos Gesang in "Honestly ok" etwas zurücknimmt und dafür eine Spur Kraft und Lässigkeit Marke Katie Melua und Nina Persson hinzumischt. Manchmal sind es einfach nur die Backing Vocals, die begeistern, dann ist es die Mehrstimmigkeit. Mal enthält der Gesang etwas portisheadsche, schwarz heraufziehende Gewitterwolken, mal wird geflüstert ("Recent Changes"), mal tritt die Melancholie etwas in den Vordergrund, aber immer sind die Vocals durch und durch bezaubernd und das tragende Element der Songs. Als Beispiele seien hier "Susan", das den Hörer nur mit Ibadets Stimme und einer Akkustikgitarre sanft aus dem Album entführt und der mehrstimmige Gesang am Ende von "Dive" und in "I Love The Rain", angeführt.

Ähnlich abwechslungsreich ist die Instrumentierung. Michael Haves' Background als Jazzbassist ist schon beim Bassmotiv des Openers "Recent Changes" sehr auffällig. Da er sich auch für den Großteil des Songwritings verantwortlich zeichnet, zieht sich der Jazzeinfluss quer durch das Album. Als Grundgerüst dafür dient Pop in seinen verschiedensten Ausprägungen, von groovend-rockig wie in "Guys'n'Girls" bis hin zu zurückgelehnt-ruhig in "Millions". Ein weiteres Highlight des Albums ist der zweite Song "Selfcontrol", in dem der Gesang anfangs durch Keyboardsounds getragen, dann von Gitarrenarpeggios umspielt und schließlich durch eine Kombination aus beidem nach vorne getrieben wird.

Was dazu führt, dass wir wie Odysseus jetzt doch nicht komplett um unseren Verstand gebracht werden? Neben einigen wirklich sehr guten Liedern gibt es auch vereinzelt durchschnittliches zu hören. In erster Linie ist da "Dangerous" zu nennen, das von dem "Dancing With Myself"-Soundtrack genommen wurde und daher auch nicht so recht zum Rest des Albums passen will. Aber von dieser kleinen Schwäche abgesehen, ist Super700 ein gutes Debütalbum gelungen, das Lust auf mehr macht.

Nur so nebenbei: Wie sind eigentlich Asterix und Obelix davongekommen? Es gab kein Wildschwein auf der Insel. So ein Glück!

Matthias Kümpflein

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