Rezension

Splashh

Comfort


Highlights: Headspins // All I Wanna Do // So Young
Genre: Lo-Fi // Shoegaze // Psych
Sounds Like: Mazes // Pixies // Pure X // No Joy

VÖ: 04.10.2013

Seien wir mal ehrlich: Die Briten haben es verloren. Was früher mal das Mutterland des Pop war, ist heute ein wirrer, orientierungsloser Haufen, der gleichzeitig nach Amerika und dem europäischen Festland hinüberschielen will, und dabei völlig die Klarsicht verliert. Sicher, es gab Dubstep, Grime und Two Step. Die Rockmusik hingegen? Ein uninspirierter, wehmütiger und rückwärtsgewandter Haufen von alternden Jammerlappen und längst abgetaucht gehofften Ewiggestrigen.

Doch die britische Presse ringt nach Hypes. Also sollen ausgerechnet vier Bubis aus London die Karre aus dem Dreck ziehen und für zwei Wochen zu den neuen Beatles avancieren. Die Voraussetzungen passen zumindest: Stammen aus der Hipster-Hochburg Hackney und sehen dementsprechend aus. Mögen LoFi und Shoegazer. Und haben mit ihrer ersten Single „All I Wanna Do“ auch einen mehr als ordentlichen Ohrwurm abgeliefert. Hype berechtigt?

Das Überraschende: „Comfort“ klingt dabei zu Beginn gar nicht mal nach Splashh. Verwundert kratzt sich der Hörer am Kopf und kontrolliert das eingeworfene Album. Würde so die neue Pixies klingen, wenn Frank Black nicht alles, was seine Band mal großartig machte, über Bord geworfen hätte und mit seinem verpanschten Gebräu für schreckensgeweitete Pupillen und vergällte Münder gesorgt hätte? Natürlich ist „Headspins“ nur ein verkapptes „Debaser“ – doch so zurückgelehnt, selbstbewusst und erhaben, dass die vermeintliche Kopie sämtliche Plagiatsvorwürfe abschüttelt und einfach nur zeitlos schön ist. Gerade wenn der Bass stoisch vor sich hin brummt, scheint es, als wäre Kim Deal nach ihrem Wegfall bei den Pixies wirklich klammheimlich bei Splashh eingestiegen. Ähnlich gelungen ist „All I Wanna Do“: melancholisch, entrückt und etwas weltfremd. Zum Niederknien.

Leider verliert das Album nach dem eindrucksvollen Auftakt doch schnell die Konsequenz und torkelt verwirrt zwischen psychedelischen Klangteppichen und erzwungener Eingängigkeit umher. Auch die konturlose und matschige Produktion ist hier ein Schuss ins Knie und bringt keine der beiden widersprüchlichen Seiten zur Geltung. Trotzdem zeigen sich immer wieder gute Ansätze: Der mehrgliedrige Refrain von „So Young“ oder die Gitarrenmelodie bei „Washed Up“ überzeugen, obwohl schlussendlich jedoch die letzte zwingende Konsequenz fehlt, um wirklich auf ganzer Linie zu begeistern.

Mit „Comfort“ werden die Briten die Welt wohl nicht mit einer weiteren British Invasion kolonialisieren. Was am Ende des Jahres zurückbleibt, sind zwei großartige Singles. Und die Hoffnung, dass sich mit dem zweiten Album das vorhandene Potential entfalten könnte. Bis es so weit ist, einfach Gebrauch vom Repeat-Knopf machen.

Yves Weber

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