Rezension
So So Modern
Friends & Fires
Highlights: Fire Fights // The Love Code // Untimely Demise Of...
Genre: Dance-Punk // Art-Noise // Experimental
Sounds Like: Test Icicles // Help She Can't Swim // The Plot To Blow Up The Eiffel Tower // Ex-Models // These New Puritans
VÖ: 18.07.2008
Transgressive Records haben sich in den vergangenen Jahren bereits über Insiderkreise hinaus durch Bands wie Iron & Wine und The Shins sowie erst kürzlich die neuesten Werke der Young Knives und vor allem der Foals auch auf breiterer Ebene einen Namen gemacht. Geschmackssicheres Portfolio, ohne Frage, doch das ganz große Experiment war bisher nicht dabei. Das soll sich jetzt mit „Friends & Fires“ von So So Modern, einer Compilation aus vier vorab erschienenen EPs, ändern. So So Modern, das sind vier junge Herren aus dem bisher nicht gerade als Mekka des Indie-Rock in Erscheinung getretenen Neuseeland, die bereits mit ihren Bühnenoutfits (schneeweiße Vollverhüllung) ein wenig aus der Reihe tanzen und sich auf dem Pressefoto mit Tiermasken zur Schau stellen. Zudem beinhaltet das Instrumentarium der Modernisten zwar keinen Bass, dafür aber ganze vier (!) Synthesizer. Na, das kann ja heiter werden!
Die Ernüchterung folgt auf dem Fuß: „Synthgasm“ klingt nämlich eher nach mäßig talentierter Schülerband als nach konspirativem Chaos. Wer die Platte jetzt schon aus der Stereoanlage verbannt, verpasst jedoch so einiges: „Fire Fights“ beispielsweise fährt die ganz harten Geschütze auf. In nur zweieinhalb Minuten werden drei vollkommen unterschiedliche, aber gleichermaßen chaotische Abschnitte durch rumpelige Übergänge zu einem Song verwurstet, während die Synthies aufdrehen wie ein getunter Staubsauger, so dass sich das ganze, um die Simpsons zu zitieren, anhört „als ob man ein Baby mit ner Katze schlägt“. Hier, zu Beginn des Albums, wirkt das zwar noch außerordentlich erfrischend, grob formuliert deutet sich gleichzeitig aber auch schon das Hauptproblem der Scheibe an. Zu stark manifestiert sich an vielen Stellen der Eindruck, Hauptziel sei es gewesen, ohne wirkliches Konzept innerhalb möglichst kurzer Zeit das maximale und chaotischste Ausmaß an instrumentalen Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Stellenweise wird dabei die Grenze des Sinn- und Maßvollen im Überschwang entweder ignoriert oder gar nicht erst wahrgenommen.
Warum einfach, wenn's auch kompliziert geht? So könnte beispielsweise das Motto des Drummers lauten, denn aus welchem Grunde sollte er sonst bei nahezu jedem Song eisern diverse 16tel-Variationen auf dem Hi-Hat durchziehen? Jedenfalls nicht, weil es für die entsprechenden Songs förderlich wäre. Ist es nämlich schlicht und einfach nicht. Im Gegenteil, die Drums wirken streckenweise sogar eher wie ein Fremdkörper, der den Takt nicht rechtzeitig fertig bekommt, so dass die restliche Belegschaft fortwährend darüberstolpert und Songs unnötig zackig und hektisch erscheinen. Sicher, dieser Eindruck ist rein subjektiv, und es soll den vier Herren an dieser Stelle keinesfalls die Fähigkeit abgesprochen werden, ihre Instrumente anständig einzuspielen, aber dennoch verwundert es wenig, dass das relativ straighte Hardcore-Geknüppel „Untimely Demise Of…“ der so ziemlich beste Song auf dem Album ist.
Interessante Ideen und Experimente gibt es aber dennoch reichlich zu bestaunen, man muss sie nur ein bisschen suchen unter den Heerscharen von Takt- und Tempowechseln, turbinenartig aufheulenden Synthies, teils leicht aufdringlichen Vocals und einer kleinen Portion Noise. „The Love Code“ etwa liefert den Beweis, dass Vocoder nicht immer ein Ärgernis sein müssen, und wartet im zweiten Teil mit einem hochgepitchten SNES-Street-Fighter-Hintergrundmusik-Verschnitt auf, der von „Racer X“ im Anschluss nahtlos weitergeführt wird. Und siehe da, auch die Drums haben durchaus ihre starken Momente, die Breaks sitzen messerscharf und schneiden sich meist genau zum richtigen Zeitpunkt in den Rhythmus.
Es scheint so, als hätten So So Modern statt konventionellen Songwritings einfach ein bandinternes Brainstorming angestellt, und sämtliche dadurch hervorgebrachten Ideen irgendwie zu den 15 Tracks zusammengefügt. Übergänge? „Ach, macht nichts, das geht schon klar“. Nun ist musikalisches Chaos ja per se nichts Schlechtes – siehe beispielsweise The Fall Of Troy – doch wirkt es im Falle von So So Modern nicht immer zu 100% durchdacht und zum Wesen der Songs passend. Talent und Spielfreude sind in jedem Falle reichlich vorhanden, und ebenso die Zeit, sie zu konservieren und ihnen Form zu geben. Die Zukunft steht den vier jungen Exoten offen.
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