Rezension

Smith Westerns

Dye It Blond


Highlights: Imagine, Pt. 3 // All Die Young // End Of The Night // Smile
Genre: Glam Rock // 90s Britpop // Garage
Sounds Like: T.Rex // Suede // David Bowie

VÖ: 29.04.2011

Lärmen kann doch jeder, dachten sich wohl die Smith Westerns, entrümpeln ihren Lo-Fi-Sound und schießen mit ihrem zweiten Album „Dye It Blonde“ vom Keller ins Stadion. War der selbstbetitelte Vorgänger noch eine Liebeserklärung an die schmuddelige Garage, findet die Band nun den Mut zum Pathos und der großen Geste. Und diese Entwicklung wirkt nach anfänglicher Verwirrung absolut organisch, da die Smith Westerns bereits auf ihrem Debüt eine unverhohlene Liebe zu Glam Rock und T.Rex zeigten. Neu hingegen ist die Entdeckung des klassischen Britpop der Neunziger. Und dabei kommt die Band doch aus Chicago.

Bereits bei „Weekend“ wird deutlich, dass die Smith Westerns nicht länger mit den wilden Jungs konkurrieren und nun stattdessen wie die frühen Suede klingen. Elegant, größenwahnsinnig und harmoniesüchtig. Und so torkelt und schmachtet die Band liebestrunken durch zehn wundervolle Popsongs, für die selbst Marc Bolan sein letztes Paillettenhemd hergegeben hätte. Textlich wird natürlich nicht scharf geschossen; hier wird geschwärmt und geliebt. Menschen, durchfeierte Nächte und das große Leben allgemein. Und kann man jemandem, der noch letztes Jahr in der Schulaula dilettierte, diese Großäugigkeit wirklich übel nehmen?

Wer sich nun schaudernd abwendet und zynisch „Kitsch!“ in seinen Bart grummelt, sollte sich schleunigst „Imagine, Pt.3“ anhören, welches neu eingespielt wurde und mit seinen überbordenden Gitarren den Werdegang der Band widerspiegelt. Oder den Break am Ende von „All Die Young“, zu dem sich Konzerte der Smith Westerns wohl in Feuerzeugmeere entfachen dürften. Oder den maßlos kitschigen und gleichzeitig ergreifenden Refrain von „Smile“. Oder den überraschenden New-Wave-Drumbeat bei „Dance Away“. Oder einfach das gesamte Album.

Mit „Dye It Blonde“ ist den Smith Westerns das seltene Kunststück gelungen, ein großzügigeres Aufnahmebudget tatsächlich sinnvoll zu nutzen. Zu keinem Zeitpunkt klingt das Album in seiner Grenzenlosigkeit bemüht oder kalkuliert, vielmehr nimmt man der Band stets die aufrichtige Euphorie beim Einspielen ab. Die Smith Westerns wollen ihre Musik in die Jugendzimmer dieser Welt tragen. Und während andere Spätteenager (um die obligatorische Altersdiskussion abzudecken) noch Intensität mit plumper Lautstärke verwechseln, vollziehen die Smith Westerns die Approximation an den perfekten Harmoniebogen. Fast beängstigend, wo das bloß hinführen soll.

Yves Weber

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