Rezension

Skeewiff

Private Funktion


Highlights: Husky // Little Spot of Soul // Ruby's Revenge
Genre: Dancefloor Jazz
Sounds Like: Fatboy Slim // Propellerheads // Dick Dale

VÖ: 07.07.2006

Der Plattendealer spricht: Hör mal an, hat es sogar auf meinen IPod geschafft. Ich also: Cover angeschaut, fragend geguckt. Er so: Is’ hier noch nich’ raus. Ich so: Aha, CD in Player geschoben, angeschmissen, hin und weg.

Inzwischen ist das Album auch in D-Land erschienen, ich aber immer noch keinen Deut schlauer, mit wem und mit was ich es zu tun habe. Das Cover führt dabei nicht wirklich weiter, gibt jedoch Anlass zu netten Assoziationsketten. Eine indische Göttin trifft Blues Brothers. Bollywood meets Rhythm and Blues? Soweit so gut und soweit daneben. Aber es führt in die richtige Richtung. Eine gewisse Portion Blues Brothers Attitüde steckt in der Musik und gehe ich von Bollywood weiter zu Soundtrackmusik, mache ich einen richtigen Schritt. Ach kürzen wir das ganze ab:

Ich weiß nicht, wie ich dieses Album bezeichnen soll, ich kann – zu diesem Zeitpunkt – nicht einmal bewerten, wie die Soundstrukturen der Songs entstanden sind; inwiefern auf klassischen Instrumenten eingespielt, dann zum Teil am Rechner rearrangiert oder sogar komplett dort entstanden.

Und da wir dieser entscheidenden Fragestellung nicht weiter nachgehen, soviel: Dieses Album ist eine so wahnsinnig amüsante Veranstaltung, wie nur etwas sein kann, von dem man vorher nicht wusste, dass es existierte und hinterher noch nicht weiß, was es tatsächlich ist. Andererseits ermüdet es auf Dauer ein wenig.

Es handelt sich um die Herren Alex Rizzo und Elliott Ireland, offenbar Londoner DJs, die Cover-Versionen, Eigenkompositionen und „Traditionals“ zu einem äußerst unterhaltsamen Gesamtwerk vermischen. Dabei gehen die verschiedensten Genres absurde bis geniale Beziehungen ein, darunter von Surfmusik über Motown-Soul bis Bossanova-Jazz, aber auch Big Beat, Lounge (hier mal kein Schimpfwort) und Dancefloor Jazz Marke Mojo-Club. Dabei dominieren ganz klar die Surf’n’Soul sowie die Dancefloor Jazz Anteile. Insofern ist dieses Album in jeder Sicht ein Anachronismus. Ende der 90er Jahre hätte es vielleicht sogar die Chance gehabt, ein kleiner Hit zu werden, heute wird es in einigen wenigen CD-Läden, sowie den Regalen von Amazon verstauben. Leider.

Einen guten – wenn auch leider eigentlich unnötigen – Einblick in dieses Album gewinnt man, hört man sich den Abschlusstrack an. Dabei handelt es sich um den unsäglichen und in der Werbung tot gejingelten „Soul Bossanova“ von Quincy Jones. Ich liebe ihn, aber da er einem seit Jahren in immer neuen Varianten für das nächste Produkt um die Ohren klingelt, verliert er so langsam seinen Reiz, nein er hat ihn verloren. Hier findet er sich in einer sehr am Original orientierten Variante mit Schlagzeug und Rhodes-Orgel, ergänzt durch Vokalakrobatik und einige Scratches und Loops. Alles in allem nett und ein guter Hinweis auf das, was einen erwartet, aber eher eine unglückliche Wahl.

Außer diesem ausgeleierten Abschluss liefern die auf dem Cover zu bewundernden Funk-Soul-Brothers aber eine durch und durch gelungene CD ab, die eine Synthese aus 60er und 90er Jahre Sounds bietet. Diese Mischung zielt in erster Linie auf das Tanzbein, was insbesondere bei „Love Power“, „Man of Constant Sorrow“ und „Husky“ gelingt. Wo der erste an den Propellerheads Mix von Shirley Basseys Goldfinger erinnert, zieht es „Man of Constant Sorrow“ in die Nähe von Fatboy Slims Album „Halfway Between the Gutters and the Stars“, was ebenfalls für einen der stärksten Tracks des Albums gilt, „Little Spot of Soul“.

Wie schon die „Decksanddrumsandrockandroll“ von den Propellerheads vor nun fast zehn Jahren ist „Private Funktion“ ein Album, das ohne Einschränkung als Soundtrack eines Agenten-Films funktionieren würde. Dieser dauernde Bezug zu den späten 90ern stellt klar, dieses Album ist eigentlich von gestern. Wenn aber Musik von gestern so gut klingt, höre ich sie gerne auch noch morgen, selbst wenn die Plattenfirma so bescheuerte Schlagworte wie Lounge-Hop für die Musik erfindet oder die Band als „the retropolitan sound of swinging London“ bezeichnet.

Oliver Bothe

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