Rezension

Shugo Tokumaru

Port Entropy


Highlights: Linne // Orange // Malerina
Genre: Folk // Singer-Songwriter
Sounds Like: Jorge Drexler // Sufjan Stevens // Deerhoof // The Beach Boys // Beatles

VÖ: 05.11.2010

Fallen wir mit der Tür ins Haus: Shugo Tokumarus „Port Entropy“ pendelt etwas ärgerlich zwischen Genialität und Mittelmaß. Sein fröhlich-einfacher Folkpop verströmt auf weiten Strecken eine Leichtigkeit des Seins. Die Vielfalt der Stücke, das dauernde Wechselspiel der Elemente von Gitarre bis Flöte, von Kinderchor bis Xylophon und Klavier geben einem das Gefühl, über dem und jenseits des Jetzt zu schweben. Die Tiefe der eher einfachen Stücke überrascht und verzaubert. Auf der anderen Seite finden sich gelegentlich eine Spannungsarmut und das Gefühl, dies schon häufig – wenn auch nicht genauso – gehört zu haben. Dieser Eindruck rührt vor allem daher, dass bei aller Kreativität die Struktur der Stücke kaum variiert. Ab einem bestimmten Punkt nimmt der Eindruck überhand, die Songwriting-Ideen begännen sich zu wiederholen. Gen Mitte des Albums ist die passende Reaktion auf ein Stück wie „River Low“ tatsächlich nur noch ein „Aha, eins mehr vom gleichen“.

Entsprechend muss das Urteil zwar zu jedem Stück "einfach schön“ heißen, doch schwer fällt es sowohl, wirkliche Höhepunkte auszumachen, als auch, durchgängig wahre Begeisterung zu empfinden. Ein Urteil, das zu Beginn des Albums kaum zu erahnen ist, so fröhlich, vielschichtig und mit überragendem Spannungsbogen erklingt „Tracking Elevator“ und so vollkommen harmonisch beglückt die melancholische Scheue von „Linne“. Auch wenn sich wie angemerkt spätestens mit „Drive-thru“ ein Gefühl der Wiederholung einstellt, gesellen sich später das dezent walzernde „Laminate“, das pulsierend-sperrige „Straw“, das verspielte „Drive-thru“ und das einfach schöne „Suisha“ zu den in sich gelungenen Stücken auf „Port Entropy“. Subjektiv versöhnlich endet das Album vor allem deshalb, weil es sich gegen Ende zu steigern weiß. „Orange“ verblüfft nach der Phase der Wiederholung mit Spieluhrmelodie und verhuschtem Gesang. Obwohl sperrig und träge, vermag Tokumaru hier durchgängig die Aufmerksamkeit des Hörers zu fesseln. Mit „Malerina“ endet das Album dann noch mit einem echten Hit, dessen Fröhlichkeit gepaart mit einem subtilen Hauch der Außergewöhnlichkeit für manchen Moment in der Albummitte entschädigt.

Die Harmonie des Tokumaru’schen Songwritings zehrt ebenso aus einer amerikanischen Folktradition wie aus einer japanischen Kitschigkeit, die sich hier auf erfrischende Weise verbinden. So ist jedes Stück für sich gesehen gut, funktioniert und kann begeistern. Ausschließlich im Albumkontext fehlt die Variation, der Spannungsbögen der Stücke untereinander.

Oliver Bothe

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