Rezension

Sepultura

Dante XXI


Highlights: Convicted In Life // False // Ostia
Genre: Trash Metal
Sounds Like: Soulfly // Chimaira // Machine Head

VÖ: 17.03.2006

Seien wir doch mal ehrlich! Nach dem, harmlos ausgedrückt, schwachen "Roorback", sahen wir im Geiste schon Max Cavalera die Nägel in den Sarg von Sepultura einschlagen. Dazu noch die Meldung, dass die nächste Platte ein Konzeptalbum sei, welches Dantes "Göttliche Komödie" thematisiert. Die Brasilianer waren ja bisher nicht als diplomierte Literaten bekannt und dann gleich ein Werk, das weltweit nur von einer geringen Anzahl Menschen überhaupt in seiner Gänze verstanden wird? Das kann ja wohl nicht deren Ernst sein, oder? Und wie es das kann! Denn völlig überraschend entsteigen Sepultura aus ihrer eigenen Asche und zeigen wo der Hammer hängt. Besser gesagt, sie schlagen ihn dem Hörer mitten ins Gesicht.

Was ein Konzeptalbum sein will, muss auch grob dem Konzept des Originals folgen, falls vorhanden. Also hat man "Dante XXI" konsequenterweise in die drei Kapitel "Hölle", "Fegefeuer" und "Paradies" eingeteilt. Wie nicht anders zu erwarten, konzentriert sich die Aufmerksamkeit dabei hauptsächlich auf die Qualen und Marter der Hölle und des Fegefeuers. Dem Paradies hat man lediglich einen Song zugedacht. Aber Sepultura und Paradies ist ja auch wie Rammstein und Kindergeburtstag. Doch nun der Reihe nach:

Alles beginnt mit einem äußerst bedrohlichen Intro, welches einen sofort in die Hölle versetzt. Diese bricht dann im anschließenden "Dark Wood Of Error" auch buchstäblich auf den Hörer ein. Wie eine Dampfwalze treibt Drummer Igor Calvalera das Unheil nach vorne, bevor mit fürchterlicher Geschwindigkeit Magenschläge ausgeteilt werden. Bei "Convicted In Life" reißen dann auch die letzten Barrieren ein und die seligen "Chaos AD" Zeiten scheinen auf einmal gar nicht mehr so fern in der Vergangenheit. So wie Virgil den verängstigten Dante durch das Schmerzensreich der Unterwelt führt, so packt Sänger Derrick Green seine Jünger bei den Ohren und schleift sie einmal quer durch den Staub. So trocken und rauh ist nämlich die Produktion von Andreas Kisser. Dieser besticht auch endlich mal wieder durch absolute Killerriffs, wie in "False". Das ist Trash Metal, wie man ihn von Sepultura erwartet! Keine Liebäugeleien mehr mit Hardore, keine weiteren Experimente.

Wer bis jetzt noch durchgehalten hat, kann die nächste Prüfung in Angriff nehmen. Dante muss sich im Fegefeuer von seinen Sünden befreien und hier kann man ohrnah dabei sein. "Ostia" zeigt gleich, wo es langgeht. Vielleicht einer der besten Songs, den die Brasilianer je geschrieben haben. Mächtig in seiner Gesamtheit, mit Hörnern aufgemotzt und einem beruhigenden Cellosolo im Mittelteil, bevor mit einer Urgewalt geendet wird. So geht es Schlag auf Schlag und Dante hätte durch diese Musik wohl doppelt so schnell seine Reinigung erfahren. Durchgeatmet werden darf nur mal kurz bei dem gedrosselten "Repeat The Horror". Und natürlich im Paradies, bei dem erhabenen und spirituell angehauchten "Still Flame".

Den einzigen Vorwurf den man "Dante XXI" machen kann, ist, dass die Praxisgebühr für den Arzt nicht mitinbegriffen ist. Den wird so mancher brauchen, denn das Album ist wie das Buch. Hart, brutal und streckenweise am Rande der Belastbarkeit. Aber es gilt wie immer auch hier für beides: Ist es zu stark, bist du zu schwach! Max Cavalera haut sich derweil irgendwo auf einem Friedhof die Finger blutig.

Benjamin Köhler

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