Rezension

SDP

Zurück In Die Zukunst


Highlights: Klopf Klopf // Ich Will Noch Nicht Nach Haus!
Genre: Pop // HipHop
Sounds Like: Die Atzen // Mickie Krause // Trailerpark // Seeed

VÖ: 22.05.2015

Schon Aristoteles behauptete: Jugend ist böse, gottlos und faul, hat weder Werte noch Kultur und ist ganz allgemein der wandelnde Weltuntergang. Insofern ist ständiges Schimpfen auf die Jungspunde von heute schon ganz allgemein ziemlicher Mumpitz, ganz besonders aber dann, wenn man sich vor Augen führt, dass vor Generationen auch die Beatles oder Nirvana als hirnloser Radau galten. Was heute ältere Ohren und Hirne beleidigt, kann übermorgen schon in den Kanon großer Kunst aufgenommen worden sein. Alles soweit akzeptiert. Und doch muss man sich nach „Zurück In Die Zukunst“, dem mittlerweile schon siebten regulären Album von SDP, fragen: Wer später über die Zukunft unseres einzigartigen, zerbrechlichen Planeten mitbestimmen kann, darf doch nicht wirklich heute so etwas abfeiern?

Dass sich SDP von einer Art Geheimtipp im Berliner Raum, von der „bekanntesten unbekannten Band der Welt“, zu einer Band entwickelten, die jetzt Locations wie die Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg füllt, war an sich nur konsequent: anspruchslose, aber humorvolle Texte, Anteile aus Funpunk und HipHop – das verbindet Fans von Seeed, den Ärzten und Deichkind, sofern das nicht sowieso schon dieselben sind. Je aktueller das Album, desto größer die Fangemeinde, desto debiler jedoch auch die Inhalte. Muss man jetzt zu einem Albumcover der Marke „Star Wars meets Bier & Möpse“ wirklich noch etwas sagen? Oder zum Untertitel „Angriff der Riesenohrwürmer“?

Das Album selbst beginnt und endet mit insgesamt 14 Minuten „lustigem“ Intro und Outro, das die Abenteuer der Astronauten SDP auf der Erde behandelt. Man beachte die Anführungszeichen. Dazwischen finden sich Songs wie „Deine Freundin“: Musikalisch Mickie Krause, inhaltlich eine dreiminütige Zelebrierung des Faktes, dass die Wörter „Blasen“ und „eng“ eine zweite, sexuell konnotierte Bedeutung haben. Während dieser Song mit seinem soliden Grundschülerhumor immerhin noch souverän eine prominente Position in Spotify-Playlisten Präpubertierender einnehmen sollte, kann man sich stellenweise wirklich nur noch fragen, warum „Männer Und Frauen“ oder „F.I.C.K.D.I.C.H.“ ausgelutschte Themen wie „Männer und Frauen sind anders, LOL“ oder „Mittelfinger hoch für doofe Leute“ noch einmal aufwärmen müssen. Ein origineller Ansatz oder auch nur inhaltliche Korrektheit (Männer und Frauen ziehen sich an wie Magneten – Naturkunde: mangelhaft) können es nicht sein.

Musikalisch ist „Zurück In Die Zukunst“ einigermaßen abwechslungsreich – das muss man SDP lassen, es ist in diesem Fall aber auch nicht viel mehr als ein Beweis dafür, dass man mit den Mitteln von sowohl Punk, Poprock als auch Dancehall jeweils einen Song schreiben kann, der entweder Fremdscham oder einfach gar nichts hervorruft. Außerdem machen SDP wenigstens keinen Hehl daraus, dass sie an allen Ecken und Enden klauen – wenn sie das so offensichtlich tun wie in „Ich Will Noch Nicht Nach Haus“ führt das immerhin zu einem der wenigen Songs des Albums, die man zumindest so durchwinken kann. Dort werden die Berliner jedoch auch von Trailerpark unterstützt, die vieles können, was SDP nur probieren – zum Beispiel durch schlichten Wortwitz humorvolle Songs schreiben, die sich nicht sofort abnutzen oder extrem unreine Reime durch einen gewissen Flow ausgleichen. Was SDP auf „Zurück In Die Zukunst“ dagegen tun, ist traurigerweise, Songs für die Festivalcrowd zu schreiben – und zwar nicht für hübsche Studentinnen, die im Sonnenschein über die Wiesen tanzen oder für den abendlichen Rave vor der Electrobühne. Dieses Album wirkt eher wie der Soundtrack dazu, seinen Campingnachbarn ins Zelt zu kacken. „Zurück In Die Zukunst“? Mit Kunst hat das hier wenig zu tun. Und falls es etwas mit der Zukunft zu tun hat... Prost Mahlzeit.

Jan Martens

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