Rezension

Say Anything

Hebrews


Highlights: John McClane// Judas Decapitation // A Look // Lost My Touch
Genre: Emorock // Poppunk
Sounds Like: Jimmy Eat World // Two Tongues // Saves The Day

VÖ: 10.06.2014 (Import)

Kollaborationen unter Künstlern sind oft keine einfache Sache. Wenn man Pech hat, treffen große Egos aufeinander, die sich nur ungern in ihren Inspirationsprozess und Arbeitsablauf hineinreden lassen. Wer darf texten, wer singen, wer die erste Geige, äh, Gitarre spielen? Wenn man aber Glück hat, kann das Ganze auch eine tolle Sache sein, bei der man mit Freunden viel Spaß hat, sich gegenseitig zu neuen Höchstleistungen antreibt, voneinander lernt und am Ende auch noch gute Musik gemacht hat. Es muss wohl der Gedanke an das letztere Szenario gewesen sein, der Say Anything dazu bewegt hat, sich für ihr neues Album sage und schreibe 16 Gastsänger mit ins Boot zu holen. Kein einziger Song auf „Hebrews“ kommt ohne gesangliche Unterstützung von außen aus. Ein Glück, dass Frontmann Max Bemis sich wegen der zahlreichen Besetzungswechsel in seiner Band bestens damit auskennt, mit vielen verschiedenen Menschen zu arbeiten. Ansonsten hätte „Hebrews“ leicht ein Totalausfall werden können.

Aber statt dem Publikum eine unzusammenhängende Ansammlung von Liedern vorzusetzen, die aufgrund so verschiedener Gäste wie Tom DeLonge (Blink182), Jeremy Bolm (Touché Amoré), Andy Hull (Manchester Orchestra) oder Gareth und Kim Campesinos (Los Campesinos) schnell beliebig wirken könnte, haben Say Anything es tatsächlich geschafft, ein wunderbares Album aufzunehmen, das trotz oder gerade wegen aller Abwechslung ein großes Ganzes bildet, das nie langweilt, sondern den Hörer mit immer neuen Ideen überrascht. Wenn Jeremy Bolm in „Lost My Touch“ etwa in bekannter Manier erst in der letzten Minute zu dem bis dahin eher balladesken Duett von Bemis und Christie DuPree (Merriment) dazustößt, ist Gänsehaut garantiert.

Weil 16 Gastsänger aber anscheinend noch nicht genug für Abwechslung sorgen, hat Max Bemis, der auf „Hebrews“ auch die Produktion übernommen hat, beschlossen, dass man mal ein Rockalbum komplett ohne elektrische Gitarren aufnehmen sollte. Gesagt, getan: Die Gitarren wurden komplett durch Streicher ersetzt. Diese doch eher unorthodox zu nennende Arbeitsweise verleiht den Liedern zusätzliche Tiefe und, ja, auch eine gewisse Portion Pathos. Aber da alle anderen Musikinstrumente ihre gewohnten Rollen spielen, fällt die Abwesenheit der Gitarren gar nicht so sehr auf. „Hebrews“ klingt trotzdem nach dem Emo-Power-Pop, den man von Say Anything gewohnt ist. Den üblichen Songs über Midlife-Crisis, Versagensängste und eigene Dämonen fügt dieses neue Arrangement mehr Dynamik, Verspieltheit und auch Reife hinzu. „Hebrews“ ist also genau das, was man sich nach dem eher enttäuschenden Vorgänger „Anarchy, My Dear“ erhofft hatte: Ein abwechslungsreiches Album mit einigen starken Songs und neuen Ideen, das sich aber trotz aller Innovation nie fremd anfühlt, sondern nach der logischen Fortführung all dessen, was Say Anything ausmacht.

Lisa Dücker

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"Judas Decapitation"
"Lost My Touch"
"Six Six Six"

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