Rezension
Rose Kemp
A Hand Full Of Hurricanes
Highlights: Little One // Violence // Morning Music // Orange Juice // Metal Bird
Genre: ihr eigenes
Sounds Like: PJ Harvey // Jeff Buckley
VÖ: 09.02.2007
Geben wir es doch einfach mal unumwunden zu: Die meisten von uns tun sich unheimlich schwer, wenn es um weibliche Künstler und Bands geht. Habt ihr schon einmal auf die Cover der einschlägigen Musikpresse geschaut? Wann war da das letzte Mal eine Frau drauf, die nicht Björk, PJ Harvey oder Meg White heißt? Das ist schon ein regelrechtes Phänomen und lässt ein wenig ins Grübeln geraten. Irgendwie scheint die Emanzipation wohl doch noch nicht überall geglückt zu sein.
Und bleiben wir realistisch. Auch Rose Kemp wird unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit ihr Zelt aufschlagen. Vielleicht ist aber gerade das besser so und sie bleibt unsere kleine Entdeckung, die sich in keine Schublade stecken lässt und ihr eigenes Ding durchzieht. Mit gerade einmal 22 Jahren bringt Rose Kemp ein musikalisches Verständnis mit, welches man in der Art vielleicht zuletzt bei Jeff Buckley gehört hat. Harmonien und sprunghafte Stil- und Tempowechsel schüttelt sie wie selbstverständlich aus dem Handgelenk. Über alles erhaben dabei immer ihre Ausnahmestimme. Wandlungsfähig wie nix anderes reiht sie sich mit dieser in die Riege der Großen nahtlos ein.
Schon wie Rose Kemp mit dem Opener „Little One“ erstmal alle Vorbehalte einfach so zur Seite wischt und direkt das Herz angreift, ist einfach nur entwaffnend. Da geben sich Streicher und ein Killerrefrain die Hand und verabschieden sich in einem furiosen Gitarrenfinale von der Bildfläche. Noch beeindruckender gerät das nachfolgende „Violence“. Ein Song, der wie ein Kartenhaus unzählige Male aufgebaut wird und dann doch wieder zusammenbricht. Cleane Vocals vs. Riffgewitter heißt der Kampf der Giganten und er endet unentschieden. Das kurze „Tiny Flowers“ gibt einen ungefähren Eindruck, zu was für eine Bandbreite die Stimme von Rose Kemp fähig ist. Macht sprachlos.
„Morning Music“ erzählt uns vom Aufwachen neben dem/der Liebsten oder der letzten Bettgeschichte. Das bleibt dem Hörer selbst überlassen, genau wie der Entschluss, ob man jetzt wegen der Traurigkeit oder der Schönheit dieses Songs weinen soll. Die Tränen sind noch nicht ganz getrocknet, da jagen schon die nächsten Gänsehautschauer ob dieser verstörend widerhallenden Gitarre aus „Orange Juice“ über den Körper. „Metal Bird“ zieht dann noch mal alle Register in Sachen komplexer Aufbau, bevor das Album dann eine ruhigere Schiene einschlägt.
„Sister Sleep“ und „Sheer Terror“ sind Verbeugungen an das klassische Singer/Songwritertum. Nur Gitarre und Stimme bestimmen das Geschehen, aber das reicht ja schon, um daraus zwei weitere Highlights auf einer Platte zu schaffen, die nur aus Highlights besteht. Nach Ausfällen sucht man hier vergebens, und angesichts dieses unglaublichen Potenzials darf man schon einmal die Pistole auf die Brust der Chefredaktion der Wahl setzen.
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