Rezension

Rocky Votolato

Hospital Handshakes


Highlights: Hospital Handshakes // Royal // The Finish Line
Genre: Indie-Rock
Sounds Like: Death Cab For Cutie // Ryan Adams

VÖ: 17.04.2015

Die Liste der Ex-(Post)-Punker-Jetzt-Singer/Songwriter ist derart lang, dass man ein eigenes Genre ins Leben rufen könnte. Zumindest eine stattliche Serie von Mixtapes ließe sich mit Künstlern wie Chuck Ragan, Frank Turner oder Kristofer Åström füllen. Rocky Votolato ist hierzulande eher einer der unauffälligen Vertreter. Dabei ist er umso umtriebiger, veröffentlicht und tourt jahrelang am laufenden Band, bis ihm im Sommer 2012 plötzlich die Inspiration abhanden kommt: “I was hemmed in by the construct of who I thought I was supposed to be and I stopped believing in myself as a writer. I was completely blocked creatively, fighting a battle with severe depression, and struggling to keep my sanity.”

Ein Jahr, ohne einen einzigen Song geschrieben zu haben war für Rocky Votolato, der in 15 Jahren sieben Alben veröffentlichte, eine unvorstellbare Ewigkeit. Doch im letzten Sommer hat er mit professioneller Hilfe den Ausweg aus der Schaffenskrise gefunden, innerhalb kürzester Zeit mehr als 25 Songs geschrieben und sich auch musikalisch Unterstützung hinzugezogen: Chris Walla, seines Zeichens ehemaliger Gitarrist und Produzent von Death Cab For Cutie. Walla ist ein alter Freund Votolatos, lud ihn in sein "Hall Of Justice"-Studio ein, produzierte mit ihm die elf Songs für "Hospital Handshakes" und steuerte Death-Cab-typische Soundtüfteleien bei. Man hört ihn zwar an allen Ecken und Enden, allzu aufdringlich wird es jedoch nicht – vielmehr überrascht, dass das Album ein bis zwei Nummern rockiger als die Vorgänger ausgefallen ist. Geradlinige Gitarrenwände seines Bruders Cody Votolato (Blood Brothers) ersetzen Akustikgitarre und Lagerfeueratmosphäre vergangener Tage.

Textlich seziert Rocky die dunkelsten Momente der Krise, geht zurück an die Abgründe, rafft sich wieder auf, gibt sich erleichtert ob des Happy Ends und schöpft Hoffnung für die Zukunft. Starke Grundlage für ein richtig gutes Album, möchte man meinen. Am Ende bleiben aber doch viele Hörerwünsche unerfüllt: Das Meiste hat man schon zu häufig gehört. Es fehlen richtig starke Songs jenseits dessen, was im Indierock schon vor über 10 Jahren gängig war. Unzählige Male – auch mit dem Vorgänger "Television Of Saints" – hat Rocky Votolato bewiesen, dass er ein außergewöhnlicher Songwriter ist. Auf "Hospital Handshakes" wird diese Tatsache von einem Teppich aus Standard-Gitarrenmusik bedeckt. Das können auch die starken, intimen Texte nicht wirklich kompensieren. Und so kommt es, dass Rocky Votolato wahrscheinlich auch in Zukunft ein eher unauffälliger Ex-(Post)-Punker-Jetzt-Singer/Songwriter sein wird.

David Hoga

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