Erased Tapes, sonst bekannt für Neoklassik-Pioniere wie Nils Frahm oder Ólafur Arnalds, denkt die Synthese von instrumenteller und elektronischer Musik weiter als wahrscheinlich irgendein anderes Label. Am Schnittpunkt zwischen Techno, Ambient und Neo-Klassik experimentiert Ryan Lee West aka Rival Consoles und verschiebt Genregrenzen.

Nach seinem erfolgreichen 2018er-Werk „Persona“ fragt West sich, wie elektronische Musik in Zeiten nahezu perfekter digitaler Produktionsmittel zu einem organischen Ursprung zurückkehren kann. Er beginnt zu zeichnen und baut Tracks auf Formen und Strukturen auf, lässt sich von der Limitierung des Analogen vom Überfluss des Digitalen befreien.

Diese organische Herangehensweise funktioniert wunderbar. Wenn im Closing-Track "Sudden Awareness" im Hintergrund ein orgelartiger Synthesizer einsetzt, fühlt es sich an, als hätte man nur auf ihn gewartet. West schafft durch seine unkonventionelle Herangehensweise eine Entwicklung, die sich wie eine natürliche Struktur anfühlt. Ob zerfrickelte Techno-Tracks oder Ambient-Flächen, die Songs greifen geradezu geometrisch ineinander. Wenn im Titeltrack in der Mitte der arhythmische Bass langsam in den Hintergrund abdriftet und von gespenstischen Synthesizern abgelöst wird, ist die zu Grunde liegende Formveränderung beinahe greifbar.

„Articulation“ klingt warm und natürlich, seine Klangwelten sind vielschichtig und divers. Hinter jedem treibenden Beat wabern träumerische Sphären. Die Techno-Tracks sind trotz ihrer kopflastigen Herangehensweise erstaunlich tanzbar, lassen aber genug Raum, für den kathartischen Moment auf Festival-Dancefloors. Die Ambient-Strecken legen sich wie ein beruhigender Film in die Zwischenräume, schweißen die Songs zu einem fluiden Ganzen und schaffen den inneren Zusammenhang an dem sonst viele elektronische Alben scheitern.

Robin Jaede

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