Rezension

Pottery

Welcome To Bobby's Motel


Highlights: Texas Drums Pt I & II // Hot Heater
Genre: Garage // Surf-Rock // Psychedelic
Sounds Like: Talking Heads // King Gizzard And The Lizard Wizard // Parquet Courts

VÖ: 26.06.2020

Willkommen in Bobbys Motel, diesem imaginär-mystischen Ort, an dem, so scheint es, alles kann und alles darf. Dass eine Band für ihr Debüt gleich den Königsweg eines Konzeptalbums wählt, zeugt vor allem von nicht gerade wenig Selbstbewusstsein und hochgestecktem künstlerischen Anspruch. Dass dann über diesen Königsweg so furios mit offenem Deck weggebrettert und dabei auch mal der Bordstein mitgenommen wird – wie im Fall von Pottery – ist dann fast schon unverschämt. Unverschämt gut. Die Spielfreude und Selbstverständlichkeit, mit der sich das kanadische Quintett schon auf gemeinsamer Tour mit Fontaines DC, Parquet Courts oder Thee Oh Sees einen Namen gemacht hat, beeindruckt auch auf ihrer ersten LP „Welcome To Bobby’s Motel“.

Bobby, das ist das selbstgestrickte, über Jahre gewachsene Alter Ego der Band. Bobby sind die fünf Musiker, alle gemeinsam und jeder für sich. Gleichzeitig Motelbesitzerin, Thekenchef und Gast. Und das Motel? „Well, the motel is life“, so die Band. Nicht immer sauber, nicht immer schön und stets unvorhersehbar. Dass es mehr als einen Acid-Trip der Band bedurfte, um dieses Albumkonzept zu stricken, muss an dieser Stelle eigentlich nicht erwähnt werden. Neben Hippie- und Surf-Romantik orientiert sich die Platte musikalisch aber auch im künstlerisch ausufernden Post-Punk und Pop der 80er. Talking-Heads- und Bowie-Referenzen tauchen über die ganze Platte verstreut immer wieder auf, und im Spiel zwischen Ekstase und Glam stehen sie auch der Weirdo-Combo King Gizzard & The Lizard Wizard in nichts nach. Das dadaistisch anmutende und leicht verstörende Video zur bereits veröffentlichten Single „Texas Drums Pt I“ verleiht der ganze Weirdness dieser Platte auch visuell adäquat einen Ausdruck.

Die Band schafft es dabei, dem ambitionierten und in alle Dimensionen ausufernden Konzept einen stimmigen Rahmen zu geben. Der furiose Opener legt gleich die Marschrichtung für den Rest der Platte fest: An der Grenze zur absoluten Reizüberflutung kreiert die Band in einem Getöse aus Drums, Orgel und Gitarrenfeedback Spannungsbögen, löst diese schlüssig auf, um drei Gänge runtergeschaltet weiterzugrooven. Der lose Jam-Charakter der Platte täuscht dabei über die präzise strukturierten und perfekt ineinandergreifenden Sektionen hinweg. Auf hektisch vertrackten Rhythmen (inklusive prominentem Kuhglocken-Einsatz) folgen psychedelisch verträumte Momente, bevor wieder auf das Pedal getreten und die Fahrt in irrwitzigem Tempo fortgesetzt wird. Nach 38 intensiven Minuten erscheint der Königsweg im verstaubten Rückspiegel wie ein abgenutzter Trampelpfad. „Welcome To Bobby's Motel’ ist fast schon zu gut für ein Debüt. Bleibt nur die Frage, welcher Weg jetzt noch herausfordernd sein könnte.

Abhilash Arackal

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Pottery - Texas Drums Pt I

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Pottery - Hot Heater
Pottery - Hot Like Jungle

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