Rezension

Pollyester

Earthly Powers


Highlights: German Love Letter // Pikant // You Are Amen // Indian
Genre: New Wave // Punk // Kraut-Rock // Synthie-Pop
Sounds Like: Nico // Les Rita Mitsouko // Can // Cocorosie // PJ Harvey

VÖ: 13.05.2011

Parties, auf denen Menschen als Insassen von Irrenhäusern, Barockfürsten, Zombies oder Außerirdische verkleidet sind und zu den Klängen von Disco, Punk und Elektro das Leben feiern? Klingt ziemlich abgedreht, trashig und gleichzeitig irgendwie hedonistisch? Ist es auch. Genau wie „Earthly Pleasures“ – das Debütalbum von Polly(ester), die sich gemeinsam mit La-Brass-Banda-Drummer Manuel Da Coll aufgemacht hat, die elektronische Tanzmusik umzukrempeln.

Wie sie das schafft, scheint zunächst ein Rätsel, das sich in einem Meer von Einflüssen, ironischem Augenzwinkern, ernsthafter Leidenschaft und vagen künstlerischen Assoziationen versteckt. Die Spex feiert Polina Lapkovskaja als die „würdige Nachfolgerin“ (vgl. Spex #332) von Catherine Ringer (Sängerin von Les Rita Mitsouko) und trifft es damit wohl fast am besten. Klar, erschöpfend kann man selbst mit Hunderten von Referenzen die Musik von Pollyester nicht beschreiben: irgendwo zwischen Nico, New Wave und Kraut-Rock, Neu!, Kraftwerk und CocoRosie. Mit einer Prise Punk-Attitüde driftet das Ganze dann immer in Richtung Trash-Pop, wird aber durch die teils dadaistisch anmutenden Texte („Pikant“, „German Love Letter“) und die punktgenaue Abstimmung der Rhythmusgruppe im Zaum gehalten. Überhaupt: Pollys Bassspiel sorgt für den treibenden Groove, der das ganze Soundgerüst dann doch eher in Richtung Dancefloor verordnet und ihm eine gewisse Ernsthaftigkeit verleiht.

Wer der Platte hier noch nicht verfallen ist, dürfte spätestens bei Pollys stark deutsch gefärbtem englischen Akzent schwach werden. Das muss man einfach gerne haben. Für die ganz Sattelfesten empfiehlt sich ein Live-Konzert der Bande. Man hört nur das Großartigste von diesen Zusammenkünften. Und jetzt der Spalter: wer dann immer noch nicht überzeugt ist, hat wahlweise Pech gehabt oder kein Gespür für Ästhetik. Punkt.

Andreas Peters

Hören


Video zu "German Love Letter"

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!