Rezension
Pearl Jam
Pearl Jam
Highlights: Life Wasted // Gone // Army Reserve // Come Back
Genre: Rock
Sounds Like: Soundgarden // Alice In Chains // Temple Of The Dog
VÖ: 28.04.2006
Je weiter wir uns von den 90ern entfernen, desto heftiger wird es zu Generationskonflikten kommen, wenn man über neue Pearl Jam Alben diskutiert. Für viele Mitzwanziger sind die Fünf aus Seattle nach wie vor Jugendhelden und demzufolge unantastbar. Auch der Autor dieser Zeilen gehört da zweifellos dazu. Für andere ist das einfach nur langweilige Rockmusik ohne Spannungsmomente. Es ist schwierig das Besondere an Pearl Jam zu erklären. Schließlich hat sich eine ganze Reihe von Bands an dem Sound von Eddie Vedder und Co orientiert. Nehmen wir nur einmal Creed und Nickelback. Beide spielten und spielen ähnlichen Alternative Rock und trotzdem können wir sie nicht ausstehen. Ja, eigentlich finden wir die sogar zum Kotzen. Ganz schön paradox oder? Vielleicht verstehen einige Zweifler das Phänomen Pearl Jam ja besser, wenn sie dem neuesten Werk viel Zeit und Luft zur Entfaltung geben.
Denn das war schon immer so! Mit Ausnahme von vielleicht „Ten“ ging keines der Nachfolgealben direkt ins Ohr. Oftmals musste man sich die Musik regelrecht erarbeiten. Manche mögen das auch schönhören nennen, doch dafür waren allein die Texte und Stimme Eddie Vedder´s zu fesselnd. Klar ist da eine Menge Pathos im Spiel, aber der Unterschied zu den Scott Stapps und Ed Kowalczyks dieser Welt ist: Genau den nimmt man ihm ab! Man gibt sich der Musik hin, suhlt sich in Emotionen und herrgott ja, man zündet als Fan vielleicht sogar täglich eine Kerze am hauseigenen Bandaltar an. Pearl Jam sind true und viele andere sind es nicht. Was für eine blöde Phrase, aber selten war sie so treffend.
Das neue Album hat man kurzerhand selbstbetitelt. Häufig ein Zeichen für eine Stiländerung, oder ein unmittelbares Ende einer Band. Hier dürfte aber beides nicht zutreffend sein. Das eine Band, die so lange im Haifischbecken der Musikindustrie überlebt, ja sich sogar dem Mainstream verweigert hat, sich plötzlich auflöst ist unwahrscheinlich. Und mit ihrem neuesten Wurf legen Pearl Jam ein regelrecht für sie typisches Album ab, das höchstens als Schnittmenge aus ihren bisherigen Werken interpretiert werden kann.
Krachend wird mit „Life Wasted“ begonnen. „I faced it, a life wasted. I´m never going back again.” Nach vorne zeigt der Blick und in die selbige Richtung gehen auch viele Songs der ersten Albumhälfte. Während die Single „World Wide Suicide“ den knochentrockenen Footstomper gibt, legt „Comatose“ noch mal eine ordentliche Schippe obendrauf. Auch mit über 40 haben die Herren also noch mächtig viel Punk im Blut. Ein keifender Vedder lässt erahnen, wie sehr er mit den letzten Wahlergebnissen zufrieden war. Doch keine Angst, dies ist keine Protestplatte! Das wäre trotz des politischen Engagements der Band ganz schön ausgelutscht gewesen. Stattdessen besinnt man sich auf das, was man am besten kann. Hymnen schreiben. Und davon finden sich wieder mehr als genug.
Songs wie „Marker In The Sand“ und „Unemployable“ sind nur die Zeit bis zur nächsten Tour von der eigenen Liveunsterblichkeit entfernt. Da werden es einige Hausnummern schwer haben im Programm zu bleiben. Vor allem, wenn noch so umwerfende (Halb)Balladen hinzukommen, wie man sie von Pearl Jam seit jeher gewohnt ist. Diese heißen hier „Gone“, „Come Back“ und „Inside Job“. Ganz unpolitisch bleibt man dann aber doch nicht. „Army Reserve“ ist nicht nur eines der absoluten Highlights des achten Studioalbums, sondern es prangert auch den Irak Krieg an. Zusammenfassend gesehen also nichts neues bei Pearl Jam. Viele neue Fans wird man sicherlich nicht dazu gewinnen, aber das hat die Band auch nicht mehr nötig. Den Druck sich selbst neu zu erfinden hat man schon vor Jahren abgeschüttelt. Wer kann das schon von sich behaupten?
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