Rezension

Paul Smith & Peter Brewis

Frozen By Sight


Highlights: Exiting Hyde Park Towers // Barcelona (At Eye Level) // St Peter’s // Trevone
Genre: Kammerpop // Indie-Pop
Sounds Like: Nick Drake // Maximo Park // Field Music

VÖ: 14.11.2014

Camus, Kafka, Hemingway – Reisetagebücher sind eine besondere literarische Gattung und neben dokumentierten Briefwechseln eine der wichtigsten Sekundärquellen zur Rezeption nicht nur des Künstlers, sondern auch des gegenwärtigen Zeitgeistes. Das Paris der Zwanzigerjahre ist dank Hemingways Aufzeichnungen zwischen den Jahren 1921 und 1926 so gut beschrieben, dass das künstlerische Treiben zu jener Zeit erstaunlich gut nachvollzogen werden kann. Und ganz nebenbei lernt man den jungen Hemingway hier von einer ganz anderen Seite kennen.

Um nun die Erwartungen gleich mal wieder zu relativieren: Paul Smiths musikgewordene Reiseaufzeichnungen werden ziemlich wahrscheinlich nicht dieselbe kulturhistorische Bedeutung erreichen, wie es die eben geschilderten Aufzeichnungen Hemingways vermochten. Sie sind aber nichtsdestotrotz eine unterhaltsame und aufschlussreiche, nüchterne und objektive Beobachtung alltäglicher Situationen und kleiner, subtiler Nuancen („man sat on same ledge as me, flipping his mobile phone“) des Treibens in den Städten dieser Welt. Von Santa Monica über L.A. und Barcelona bis hin nach Budapest – Smith kam schon ein ganzes Stück rum. Und wer, wenn nicht er – der Literat englischer Indie-Popmusik – könnte seine Reisebeobachtungen in ebenso wertvoller wie nachhaltiger Form manifestieren?

Doch Smith schafft das nicht ganz alleine. Peter Brewis, der Kopf der Band Field Music, und sein Bruder David kleiden Smiths Beobachtungen in ein elegantes Gewand. Dabei bewegen sie sich nicht selten an der Grenze zwischen Soundtrack und Kammerpop, ohne dabei auch nur eine Sekunde distanziert, vertrackt oder unzugänglich zu klingen. Zwar werden die Strukturen des Pop hier regelmäßig aufgebrochen, doch gewollt oder prätentiös klingt „Frozen By Sight“ in keiner Sekunde. Das liegt einerseits an den authentischen und warmen Erzählungen Smiths, andererseits an den Arrangements der Brewis-Brüder, die bewusst zwischen Komposition, Songwriting und Improvisation hin und her wechseln.

„Frozen By Sight“ zeigt eine überraschende neue Seite des englischen Indie-Rocks und transportiert das Genre des Reisetagebuchs gekonnt ins Jahr 2014. Wer Smith mag, ist sowieso verpflichtet, aber auch allen andere sei eine absolute Hörempfehlung ausgesprochen.

Andreas Peters

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