Rezension

Noisettes

What's The Time Mr Wolf


Highlights: The Count Of Monte Christo // Mind The Gap // Never Fall In Love Again
Genre: Garagenrock
Sounds Like: Yo La Tengo // Fratellis // The White Stripes // Yeah Yeah Yeahs // KT Tunstall // Katie Melua // Anna Ternheim // Cato Salsa Experience

VÖ: 11.05.2007

Garagenrock war tot. Sein Revival sollte nach gesundem Menschenverstand langsam ebenso absterben, haben doch eigentlich The White Stripes, die Yeah Yeah Yeahs und spätestens Wolfmother im vergangenen Jahr alles gesagt und getan, was zu sagen und tun war. Nichtsdestotrotz haben die Fratellis – Ipod-Werbungunterstützt – mit ihrem Popgaragenrock die Charts erobert.

Nun sollen also auch die Noisettes – Milka-Wortspiele spare ich mir, geht es doch eher um "kleinen süßen Lärm" – in diesem Genre auf dem deutschen Markt punkten. Als Import seit zwei Monaten erhältlich, bietet "What's The Time Mr Wolf?" natürlich keine neuen Zutaten, es überrascht in seiner Mischung des Ganzen, im Wechselspiel der Einzelteile.

Dabei fängt es unüberraschend genug an. "Don't Give Up" stellt zwar bereits Shingai Shoniwas erstaunliche Stimme vor, ist aber doch halt ein noisiger Rocker im Stile der drei Yeahs. Dagegen klingt "Scratch Your Name (into the fabric of the world)" als wären bei den Stripes plötzlich die Rollen verkehrt, Jack dürfe nur noch Chorus singen und Meg sänge die Strophen. Soweit so altbekannt. "The Count Of Monte Christo" dann aber. Ups, was ist das denn bitte? Zurückgenommen reduziert, sich immer eindeutig im gleichen Kontext bewegend, aber verspielt und im Spannungsaufbau einer Jazzfolkballade folgend, wie sie von einer Katie, einer KT oder einer Anna kommen könnte, ja sogar einer Norah. Sängerin und Bassistin Shingai führt ihre Stimme auf ebendiese Pfade und überhaupt dürfte die Band ziemlich unter ihrer attraktiven, talentierten und somit von der Musik ablenkenden Sängerin leiden. Bei "Sister Rosetta (Capture The Spirit)" gewinnt der Punk, immer um ein jazzorientiertes Schlagzeugspiel ergänzt und "Bridge To Canada" liefert eine einwandfreie, pompöse und verschwurbelte Indie-Hymne.

So geht es weiter. Zwischen hymnisch und krachend, zwischen zart und rockig, zwischen bezaubernd und aggressiv. Alles zusammen finden wir in "Nothing To Dread", dass losrockt, aufbricht, zärtliche Sekunden zeigt, sich schließt und uns wieder nichts lässt, als uns mit unseren Nachbarn zu prügeln. Das Potential der Band verdeutlichen jedoch am besten das spröde und noisige "Mind The Gap", oder die beiden unter einem Titel versteckten Songs "Hierarchy" und "Never Fall In Love Again". Ersteres eine einwandfreie Popnummer, letzteres eine zarte Folkjazzballade, die in der Qualität häufig ist, aber hier doch durch den Wechselgesang zwischen Shoniwa und ihrem Kollegen und Gitarristen Dan Smith besonders wird.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass lange keine Band so viel Soulfulness in der Stimme mit so viel Rock im Sound und so jazzorientierten Arrangements verbunden hat, wie die Noisettes; außer vielleicht die Cato Salsa Experience und irgendwie Yo La Tengo. Ach so, von Bloc Party werden Noisettes übrigens als "Thrilling" und von Muse als "Fantastic" bezeichnet. Nur so nebenbei.

Oliver Bothe

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!