Rezension
Nick Cave
Idiot Prayer
Highlights: Girl In Amber // Man In The Moon // Jubilee Street
Genre: Melancholische Klaviermusik
Sounds Like: Leonard Cohen // Mark Lanegan // Hugo Race
VÖ: 20.11.2020
Es ist ein vielfach bekanntes und hartes Sprichwort, doch lässt sich 2020 kaum besser beschreiben: Das etwas fehlt, merkt man oft erst, wenn es schlagartig weg ist. Von quasi einem Tag auf den anderen fiel sämtliche real erlebbare Kultur weg: Konzerte, Museen, selbst das Treffen mit Freunden. Für viele Musiker bedeutete dies auch die Suche nach neuen Einnahmequellen. Bekannt ist, dass klassische „Verkäufe“ kaum noch den Unterhalt finanzieren, sondern Touren. Nick Cave hat dies sicher nicht nötig, blickt er doch auf mittlerweile 40 Jahre Schaffensgeschichte und eine breite Fanbasis zurück, trotzdem ersann er ein besonderes Event: Nick Cave allein am Klavier, gefilmt und aufgenommen im Alexandra Palace in London.
Das Konzert konnte im Juli bereits als Livestream verfolgt werden, nun erscheint die Aufbereitung des Auftritts. Auf den ersten Blick passt hier vieles zusammen: Auch wenn Cave aus dem Punk gewachsen ist und im Laufe seiner Karriere stetig herumlärmte, gehört zu seinem Backkatalog das eine oder andere sehr ruhige Album. Von „The Boatman's Call“ etwa, von dem so einige Stücke des Auftritts stammen, über das Meisterwerk „Push The Sky Away“ bis nicht zuletzt den letzten beiden Studioalben „Skeleton Tree“ und „Ghostteen“.
Die Songs dieser Platten bilden das Grundgerüst dieses Auftritts, angereichert durch große Stücke wie natürlich „Mercy Seat“. Mit „Euthanasia“ findet sich sogar etwas Unveröffentlichtes. Was dieser Auftritt aber recht schnell zeigt: Es fehlt etwas. Zwar ist Nick Cave bereits mehrfach auf Solopfaden gewandelt, so reduziert wie hier jedoch nur im Rahmen seiner „Conversations“-Abende. „Idiot Prayer“ in Gänze jedoch hat eine Schwäche: Es ist für dieses Konzept zu lang. Obwohl bereits drei Zugaben des Auftrittes fehlen, schleicht sich spätestens ab der Mitte die Monotonie ein. Es ist eben wirklich „nur“ der alleinige Cave. Selbst Warren Ellis, sonst stetiger Begleiter und Virtuose im Hintergrund, ist nicht dabei. Solo, am Klavier fehlt auf die Länge der 22 Stücke das, was Nick Cave live ausmachte: Die große Geste, die Interaktion mit den Anwesenden, die Menschen, die seiner Messe lauschen. „Idiot Prayer“ zeigt auf, was Online-Videocalls, -Spieleabende, -Streams und dergleichen nicht bieten können: Ein reales Erlebnis.
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