Rezension

Nena

Oldschool


Highlights: Oldschool // Lieder Von Früher // Jeden Tag
Genre: Deutsch-Pop
Sounds Like: Mia. // Jennifer Rostock // Miss Platnum

VÖ: 27.02.2015

Wenn da nicht Nena auf dem Cover stehen würde, man würde mit seinen groben Schätzungen über das Alter der Interpretin von „Oldschool“ wahrscheinlich mindestens 20 Jahre daneben liegen. Der Sound ist modern und voller Retro-Versatzstücke aus NDW-Zeiten, die Stimme lasziv und die Rhythmik lädt von der ersten Sekunde zum Tanzen ein. Doch dann holt einen der Text in die Gegenwart zurück: „Mein erstes Album ist seit 34 Jahren draußen // es ist so alt man kann's nicht einmal mehr im Laden kaufen.“ Ja, Nena wird dieses Jahr 55 Jahre alt. Aber die Frau mit der Luftballon-Vorliebe kann es immer noch nicht lassen. Zum Glück.

Nach dem tanzbaren, selbstironischen Opener folgt mit „Lieder Von Früher“ direkt einer der besten Songs des Albums. Es ist schon fast herzergreifend, wie Nena die alten Platten aus dem Schrank und die Vergangenheit ins Hier und Jetzt holt. Denn jeder Musikhörer stolpert mindestens einmal in seinem Leben über Nena. So auch der Hamburger Rapper und Produzent Samy Sorge a.k.a. Samy Deluxe. Er ist vermutlich der Hauptgrund, warum „Oldschool“ überraschend unpeinlich ist und zeigt, wie ein gutes Deutsch-Pop-Album im Jahre 2015 klingen kann. Mit seinem Mittelweg aus eingängigen Stadion-Hymnen, dem Schwelgen in der Vergangenheit und dem unverkennbaren HipHop-Beat-Einfluss sorgen Samy und Nena dafür, dass man für eine knappe Stunde sehr gut vergessen kann, dass Nena schon über ein Vierteljahrhundert Musik macht.

In manchen Momenten („Betonblock“) will das Album zwar zu viel und driftet in Bildsprache und Pseudo-Rock in ein paar Minuten Bedeutungslosigkeit ab, aber die Momente werden schon im nächsten Song wieder aufgefangen. Stücke wie „Mach Doch Was Ich Will“ würden so auch einem Deichkind-Album nicht schlecht zu Gesicht stehen. Und dann powert Nena sich auf „Berufsjugendlich“ schon wieder in Richtung Punk. Das ist allerdings auch das einzige große Problem, das „Oldschool“ am Ende leider doch hat: Das Album hat viele großartige Einzelstücke, aber durch die pure Breite an musikalischen Genres wirkt es nicht wie aus einem Guss. Nena kann es nicht lassen und Nena will sehr viel auf einmal. Mit ihrem neuen Album haut Nena nochmal so richtig auf die Zwölf, bis man Sterne sieht und sich benommen zum Tanzen und Mitsingen hinreißen lässt. Eine Leistung, die so keiner erwartet hat und von der viele nicht wussten, dass sie es wollten. Wenn Nena mit 55 Jahren noch so ein Ass aus dem Lederjackenärmel schütteln kann, dann wird es sicher nicht das letzte Album vor dem wohlverdienten Ruhestand gewesen sein. Und eigentlich ist das Alter ja auch egal. Im Herzen ist Nenas Musik zeitlos und das untermauert sie mit „Oldschool“ noch mal sehr deutlich.

Arne Lehrke

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