Rezension
Nathaniel Rateliff And The Night Sweats
Tearing At The Seams
Highlights: Be There // Say It Louder // You Worry Me
Genre: Soul
Sounds Like: St. Paul & The Broken Bones // The Blues Brothers // The James Hunter Six
VÖ: 09.03.2018
Der Musiker Nathaniel Rateliff wurde zweimal geboren: Einmal im Oktober 1978, als er in St. Louis als schreiendes Häuflein Mensch das Licht der Welt erblickte, und zum zweiten Mal, als er 2013 mit Joseph Pope III die Night Sweats formierte. Waren Rateliffs vorherige Arbeiten mit verschiedenen anderen Projekten sowie solo zwar wohl rezipiert, jedoch nur leidlich erfolgreich, ging diese soulgeschwängerte R'n'B-Combo schneller viral als jedes Katzen-Meme.
Kein Wunder, sprang doch das Debüt nicht zuletzt dank seiner fantastischen Bläser und Rateliffs unendlich smoothem Gesang sofort mit dem nackten Hintern (beziehungsweise der nackten haarigen Brust, die das Cover zierte) ins Gesicht und machte auch spätestens mit dem Übersong „S.O.B.“ sein Vorhaben klar, das Ohrwurmzentrum nicht kampflos wieder freizugeben. Auf „Tearing At The Seams“ lassen sich die Night Sweats nun Zeit mit dem ersten Höhepunkt: Ähnlich wie bei den Auftritten der Night Sweats, wo Rateliff erst nach einem kurzen instrumentalen Vorspiel entspannt auf die Bühne tänzelt, nimmt sich auch der Opener „Shoe Boot“ noch knapp 90 Sekunden Zeit für Schlagzeug und Bläser, bevor die Stimme des namengebenden Frontmanns die Sex-Appeal-Regler nach oben dreht.
Das genau in die Mitte des Albums gesetzte „Intro“ folgt einem ähnlichen Schema – hier nimmt sich jemand die Dramaturgie des Mediums Schallplatte, die mittendrin umgedreht werden muss, noch zu Herzen und traut sich darüber hinaus, sein Feuer nicht gleich zu Beginn zu verschießen. Siehe „You Worry Me“: Die erste Single geht nach kurzem Klavier-Stakkato runter wie auf eine nackte Brust geträufeltes Olivenöl und verbreitet zudem eine ermutigende Botschaft der Hoffnung, die das düstere Albumcover konterkariert.
Das einzige, das „Tearing At The Seams“ im Endeffekt fehlt, ist nicht einmal ein Song vom Schlage eines „S.O.B.“ – „Be There“ hält fast alles, was man sich vom Thronfolger des wohl größten Soul-Songs des Jahrtausends wünscht. Es ist der Überraschungseffekt, der eintrat, als sich die – übertrieben polemisch gesagt – 1001. Inkarnation eines austauschbaren bärtigen Songwriters zur neuen Ikone eines altehrwürdigen Genres entwickelte: Es überrascht nicht, wie gut auch „Tearing At The Seams“ wieder ist. Aber auch im Schatten seines Vorgängers kann man sich hervorragend lasziv räkeln.
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