Rezension

Nadah El Shazly

Ahwar


Highlights: Afqid Adh-Dhakira (I Lose Memory) // Barzakh (Limen) // Ana ‘Ishiqt (I Once Loved)
Genre: Fusion // Jazz // Experimental
Sounds Like: Gang Gang Dance // Sun Ra // Sayyid Darwish // The Mars Volta // Portishead

VÖ: 10.11.2017

„Ahwar“ ist das erfrischend andere Debüt der Sängerin Nadah El Shazly. Ein Album, das Weltmusik im besten Sinne ist: kein Ethno-Kitsch, sondern verbindende Musik, die Grenzen verwischt.

Am Beginn ihrer Musikkarriere sang Shazly noch Misfits-Songs in einer Punkband, ehe sie sich elektronischen Kompositionen zuwandte und sich schnell in ihrer Heimatstadt Kairo einen Namen machte. Was sich wie der erste Satz einer Promo-Beilage liest, ist es tatsächlich auch. Und dennoch trifft er das Bild so gut, dass man von der jungen Künstlerin haben muss: ihrer Sozialisation nach ein DIY-Kid, mutig sich ihren Weg suchend, ihre Umgebung in sich aufnehmend und doch in die Ferne schielend.

Mit welchem Feingefühl sie etwa ein Stück der ägyptischen Musiklegende Sayyid Darwish singt, begleitet von dissonanten Streichern, Harfen und Bläsern, ist einzigartig („Ana ‘Ishiqt (I once loved)“). Überhaupt ist ihr arabischer Gesang das markante Hauptelement, obwohl ihre Handschrift auch dort noch zu erkennen ist, wo sie ihre Band ohne Stimme in die instrumentale Kakophonie treibt („Koala“). Ungeachtet irgendwelcher gedachten oder gezogenen Linien bedient sich Shazly an allem, was ihr gerade in den Sinn kommt. Und das ist meistens spannend.

Für die Aufnahmen, die in Montreal und Kairo stattfanden, scharte sie an die zwanzig Musiker um sich herum. Umso schöner, dass man dies auch an vielen Ecken hören kann. Die Collage „Afqid Adh-Dhakira (I Lose Memory)“ aus Free-Jazz-Elementen, Bass-Drones und Vokal-Effekten bekommt dadurch etwas Archaisches.

„Ahwar“ ist nicht nur eine räumliche, sondern auch eine Zeitreise. Obwohl Elemente orientalischer Musik und Jazz das Gesamtbild bestimmen, wird es zwischendurch Kraut- und Psych-rockig, an anderer Stelle warten futuristisch anmutende elektronische Versatzstücke, etwa wenn „Barzakh (Limen)“ eine unvorhergesehene Wendung nimmt. Nadah El Shazly ist ein spannendes Album gelungen, das zu entdecken äußerst bereichernd sein kann.

Jonatan Biskamp

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