Rezension

Motorama

Dialogues


Highlights: Deep // Reflection
Genre: 80s // Synth-Pop // New Wave
Sounds Like: Metronomy // Pet Shop Boys // New Order

VÖ: 21.10.2016

Motorama, das klingt nach russischer Melancholie, nach verwackelten Analogfotografien, nach schlecht abgemischtem Sound, der dadurch noch persönlicher und direkter erscheint, nach viel Liebe für das, was man versucht, möglichst gut zu machen. So war es jedenfalls bisher. Was Motorama nun auf ihrem neuen Album „Dialogues“ bieten, klingt erst einmal ganz schön anders: nach klaren, poppigen, einfachen Songs, nach mehr Schmiss, nach gekürzten Fragmenten, die leise ausfaden, statt sich herzzerreißend auszubreiten. Mehr 80er-Jahre-Wave und Pop gibt es hier zu hören, aber nicht von der guten Sorte.

Die Band aus Rostow am Don wagt sich in neue Gefilde und macht Sound- und Vokalexperimente, die ihr überhaupt nicht gut stehen. Der Gesang von Vlad Parshin wirkt verfremdet und gehetzt. Durch die Schnelligkeit – verhältnismäßig schnell muss man sagen, denn zuvor war sein Gesang eher einlullend und tragisch langsam – trifft er kaum einen Ton so, dass er angenehm zu hören wäre. Der Charme der Songs ist irgendwo auf halber Strecke verloren gegangen und sie wirken langweilig und lustlos. Bis dann endlich „I See You“ zu hören ist. Über den schiefen Gesang mal hinweg gesehen, ist der Song nach vorne gehend, der Bass-Beat klingt vielversprechend und zeichnet einen Wendepunkt des Albums aus. Ab dem siebten Song nämlich, dem folgenden „Deep“, kehren Motorama zu ihrer alten Stärke zurück. Die traurige Erzählung eines Menschen, der tief im Glas und in seinen Gefühlen versunken ist und „The end is near // I have this feeling“ prophezeit, das ist das, was Motorama aus macht: einfache Lyrics, die dennoch bestechen, vor Schwermütigkeit triefender Sound und Gesang.

Und dann kommt das Ende tatsächlich schon ganz bald. Irgendwie ist man überrascht darüber, wie schnell es vorbei war, hat aber nicht den Drang, das Album nochmals von vorne zu hören. Wer es wagen möchte, sich auf „Dialogues“ einzulassen, der sollte – um ein ganz gelungenes Album zu hören – am besten erst mit "Deep" beginnen. Alles Andere davor ist nur schwer erträglich. Man kann nur hoffen, dass Motorama ihren Ausflug ins Popuniversum einmal gewagt haben und auf ihren nächsten Werken wieder zu ihrem alten Underground-Charme zurückkehren – oder Vlad Parshin noch ein wenig Gesangsunterricht bekommt.

Marlena Julia Dorniak

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"Above The Clouds"

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