Rezension

Motor City Drum Ensemble
DJ Kicks
Highlights: Ariya // Black Woman Experience // Le Cortège Et Course // The Pace // Actium // Cardiology // Cosmic Cart // African Rumble // Sweet Power, Your Embrace
Genre: Jazz // House // Dub // Reggae // Techno
Sounds Like: Sun Ra // Herbie Hancock // Fela Kuti // Robert Hood // Justus Köhncke
VÖ: 01.07.2011

Im Vorlauf zur Veröffentlichung der neuesten Ausgabe von !K7s DJ-Kicks-Reihe, ließ ein Moderator auf Byte FM verlauten, er halte es für möglich, dass der von Motor City Drum Ensemble aka Danilo Plessow zusammengestellte Mix, der beste – oder einer der besten – in der Geschichte von DJ Kicks sei. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung sagt uns, dass es quasi unmöglich ist, dass binnen einen Jahres nach Apparats DJ Kicks erneut ein Mix diese Qualität erreicht, wie sie zuvor zum Beispiel die Zusammenstellungen durch Terranova oder Kruder & Dorfmeister besaßen. Aber Regeln – oder Rechnungen – haben ihre Ausnahmen, und so muss Plessow zu Gute gehalten werden, dass tatsächlich eine außergewöhnliche DJ Kicks seinen Künstlernamen trägt.
Nun ist „außergewöhnlich“ ohne zusätzliche nähere Beschreibung nicht zwangsweise eine Qualitätszuschreibung. Besonders ist hier unter anderem, wie organisch Motor City Drum Ensemble verschiedenste Stile ineinander gleiten lässt, wie vollständig organisch der Weg von Jazz über Soul über Afrobeat über House und Techno zurück zum Jazz gelingt. Beachtlich ist das Bewusstsein für die Ursprünge der Dance-Musik in eben Jazz, Afrobeat und Soul. Aufsehenerregend gar gelingt gleich der Einstieg mit Sun Ras „Door To The Cosmos“; diese Tür öffnet sich für uns zur ganzen Galaxie des Beats. Aus ihr heraus tritt zunächst der Soul, fährt hinüber in die dubbige Karibik, um mit Tony Allen und „Ariya“ in Afrika anzukommen und hypnotisierend in Bewegung zu versetzen. Von da geht es direkt zum House.
So beachtenswert das bis hierhin ist, so natürlich Stücke und Stile ineinander greifen und so sehr im Folgenden auch Begeisterung aufkommt bei Peven Everetts „Stuck“, Bad Jazz Troupes „Breakdown Treat“, Mr. Fingers „The Juice“ und Rick Howards „Can Your Love Find Its Way“, so plätschert es doch auch in hohem Maße an einem vorbei. Die seelenvolle Huldigung des Soul und der Musik Chicagos hat etwas von einer House-Oldie-Show im Radio. Tatsächlich erleichtert dann das vornehmlich Instrumentale an „Girl I Like The Way That You Move“ von Stone und Fred Ps „On The Vibe“. Es braucht aber erst die perkussive Polyrhythmik in „Don’t Forget Your Keys“ von Creative Swing Alliance, um wieder wirklich Aufmerksamkeit zu erwecken. „Black Woman Experience“ von Geraldo Pino & The Heartbeats ist dann tatsächlich ein außergewöhnlich guter Moment des Albums, dessen Wechselspiel aus latenter Surf- und Beat-Ästhetik mit akzentuierten Drums einfach nur begeistert. Wenn sich dann am Ende noch langsam der Beat des Motor City Drum Ensemble Edits für „Le Cortège Et Course“ von Phillipe Sarde darunter schleicht, ist die Ekstase im Wohnzimmer perfekt.
Ab diesem Moment erscheint dann die Motor-City-Drum-Ensemble-DJKicks auch nicht mehr wie eine geschmackssichere Vorlesung in Musikgeschichte. Robert Hoods „The Pace“ und Loose Joints halten das Niveau, bevor Arts & Crafts die Stimmung mit der House-Ästhetik der ersten Mix-Hälfte gelungen kurzschließt. An dieser Stelle setzt Plessow selbst mit „L.O.V.E.“ an. Der Moment der Ekstase war nur kurz, denn Aphex Twins ambientes „Actium“ weist bereits ganz klar den Weg gen Ausgang. Vorher aber darf Isolées Remix von Reclooses „Cardiology“ nochmal die seelenvolle Perfektion von Dance-Musik vorführen. Latecomer, Timo Lassy und James Mason leiten mit Paradebeispielen von elektronischem Jazz, Afrojazz und Spacefunk aus dem Mix heraus. Diese abschließende Entwicklung des Mixes von Hood zu Aphex Twin zu Recloose zu Timo Lassy ist nicht zwangsweise nachvollziehbar. Alles in allem sind die Mischung auf dieser DJ Kicks, die Qualität der einzelnen Stücke und ihre perfekte, harmonische Verwebung tatsächlich außergewöhnlich. Dennoch kann man sich über weite Strecken eines gewissen Desinteresses nicht erwehren. Der Mix gleitet so vorbei und erinnert in unangenehmer Weise an eine Vorlesung.
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