Rezension
Montreal
Schackilacki
Highlights: Kino?! // Richtig Falsch
Genre: Punkrock
Sounds Like: Das Pack // Die Ärzte // Sondaschule
VÖ: 23.06.2017
Mit Punkrock gegen das Erwachsenwerden: Montreal veröffentlichen mit „Schackilacki“ ihr sechstes Album in zwölf Jahren und weigern sich einfach, sich in das Leben zu fügen, das die Gesellschaft für Menschen Mitte 30 vorgesehen hat. Und auch, wenn das Punkerleben so langsam Risse bekommt, die verdächtig nach Spießertum aussehen, begegnen die Hamburger dem ganzen Schlamassel gewohnt humorvoll.
Am besten kann man das Rebellentum natürlich zelebrieren, indem man sich von anderen abgrenzt. Früher ging es dabei um Kleidung und Musikgeschmack, jetzt sind die Freunde dran, die alle schon einen festen Plan für ihr Erwachsenenleben haben: Kinder kriegen, Heiraten, Interrail, „Sie alle haben ‘nen Plan oder zumindest ein Gefühl / Nur ich weiß nach wie vor nicht, was ich will“ („Was Ich Will“). Und dann wollen diese Langweiler am Samstagabend auch noch schön gemütlich ins Kino gehen, statt "Schackilacki" zu machen und die Nacht durchzudancen ("Kino?!"). Andererseits: Wer befürchtet, nach einer Tüte Popcorn einzuschlafen, kann so jugendlich eigentlich auch nicht mehr sein, oder? Und eine Westernhagen-Referenz klingt jetzt auch mehr nach fünfzigstem Geburtstag als nach "Extase und Gefahr".
Ob da wohl doch jemand alt wird? Andere Lieder handeln von Verlust, Trennung und der niedersächsischen Stadt Osnabrück, die vor allem bekannt ist für… hm… Durchschnittlichkeit, wahrscheinlich. Hier noch ein unerwarteter Fact, der nicht gerade nach jugendlichem Übermut klingt: Sänger Yonas ist im echten Leben Richter, also Teil der Staatsmacht. Umso mehr stechen die politischeren Lieder „Musik In Meinen Ohren“ und „Idioten Der Saison“ hervor, die Verschwörungstheoretiker und die neue Rechte, die sich mit „gleiche[m] Muster, andre[r] Farbe“ schmückt, aufs Korn nehmen. Auch Religionen kriegen ihr Fett weg ("Glaubensfragen"). Das ist mal wieder eine schöne Abwechslung von all den albernen Themen, die zuletzt doch etwas Überhand genommen hatten.
Aber weil Montreal einfach nicht aus ihrer Haut können und im Innersten doch Kindsköpfe sind, ist das einzige Thema von „120 Sekunden“, dass das Lied genau zwei Minuten lang ist. Das sei ihnen gegönnt, wenn sie sich auf dem Rest des Albums doch ansonsten mit erwachseneren Themen befassen. All das ist wie immer in eingängigen Punkrock verpackt, der an Vorbilder wie Die Ärzte und Weggefährten wie Das Pack erinnert. Besser als zuletzt gelingt dabei die Balance zwischen Eingängigkeit, Kreativität und Albernheit.
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