Rezension

Monkey

Journey To The West


Highlights: Heavenly Peach Banquet // The Living Sea // March of the Iron Army // Pigsy In Space // Monkey Bee
Genre: West-östliche Pop-Oper
Sounds Like: Rei Harakimi // Repo! The Genetic Opera // Gorillaz // Blur // The Good, The Bad and The Queen // Monteverdi // Satie // Björk // Miss Saigon // Madame Butterfly // UK Chinese Ensemble // Demon Strings // Sense of Sound Choir

VÖ: 22.08.2008

Am Anfang war das Wort. Einerseits im Sinne einer alt-chinesischen Erzählung, andererseits in Frageform. Der Frage: Was möchte Damon Albarn mit Monkeys ‚Journey To The West’ erreichen? Wollten er, Jamie Hewlett, Jean Luc Chopin und Chen Shi-Zheng tatsächlich die perfekte Synthese aus okzidentaler und fern-östlicher Kultur in Form eines popmusikalischen Musiktheaters (sprich: einer Oper) erschaffen?

Wäre dies das Bestreben der Produzenten von Oper „Monkey: Journey To The West“ und Album gewesen, ließe sich zumindest das Projekt des Popkünstlers Monkey mit seiner CD „Journey To The West“ mehr oder weniger als gescheitert bezeichnen. Trotz erkennbarer traditioneller chinesischer Einflüsse in Instrumentierung und Arrangement, trotz Vortrag in Mandarin, erscheint das Album doch fast vollkommen in einer westlichen Sichtweise gefangen. Albarn und Mitstreiter stülpen den Einflüssen ihre westliche Sozialisierung über, statt wirklich eine Synthese zu erreichen. Da hilft es auch nicht, wenn Chen Shi-Zheng im englischen Guardian mit der Meinung paraphrasiert wird, „Albarn habe eine authentische, persönliche Symbiose von Ost und West geschaffen… voller Frische und Leben“. Allerdings steht das auf XL Recordings erscheinende Album auch weniger als Soundtrack der Opern-Aufführung da - gerade 50 von 110 Minuten Musik werden präsentiert - sondern versucht noch einmal Monkeys Reise nach Westen musikalisch weiter zu entwickeln. Die Orchestrierung ist nur ein Mittel, die Geschichte und die Oper für ein Pop-Publikum reizvoll zu machen. Die anderen bestehen offenbar aus Haufen von Electronica, Synthesizern und Laptops. Als solches verbindet es gelungen antik und modern, alt und neu, aber nicht wirklich überzeugend Ost und West.

Wenige der 22 Tracks auf „Journey To The West“ lassen sich wirklich als Lieder bezeichnen. Mehr als drei Viertel des Albums bilden kurze Miniaturen – wobei diese durchaus bombastisch daher kommen –, und insofern fällt nicht nur das erste Hören eher schwer. Doch hat der Hörer sich erst an den steten Fluss dieser Reise gewöhnt, verströmt Damon Albarns neuestes Werk eine ganz eigene Atmosphäre. Ein gewisses Gefallen an klassischer Orchestrierung von Mittelalter über Klassik bis Stockhausen, von Phantom der Oper bis „New Classics“ vorausgesetzt, vermag diese Reise einen ganz tief zu berühren und erlaubt, sich in ihren Klangwelten zu verlieren. Das gelingt sogar, ohne der Geschichte von Monkey wirklich folgen zu müssen oder zu wollen.

Immer wieder klingt in diesen 50 Minuten der bekannte Damon-Albarn-Klang durch. „I Love Buddha“ zum Beispiel könnte auch von Blur, den Gorillaz oder The Good, The Bad and The Queen stammen. Das Projekt Monkey präsentiert sich in Gänze als Mammutleistung, die selbst den Gorillaz-Aufwand übersteigt. Ein Hauch Größenwahn schimmert immer durch. Da überrascht es nicht, wenn zunächst die Stücke musikalisch am meisten beeindrucken, die bombastisch und vordergründig übertrieben erscheinen. Das elektronisch verspielte „Monkey’s World“, die martialischen Nummern „The Dragon King“ und „March Of The Iron Army“, die atonalen Tracks „Battle In Heaven“ und „Tripitaka’s Curse“, das wavige „O Mi To Fu“, das sphärisch überladene „Confessions Of A Pig“, das Traditionelles mit Electronica vermischende „March Of The Volunteers“ und der absolute musikalische Höhepunkt des Albums „Monkey Bee“ lassen nicht nur den Komponisten, sondern vielfach insbesondere die Vokalisten glänzen. Die Qualität der ruhigen Stücke wie „The Living Sea“ oder des zweiten Highlights „Heavenly Peach Banquet“ erschließen sich dagegen nicht so offenbar.

Die Frage nach der Intention dieses Albums muss unbeantwortet bleiben. Die Genialität, die es in vielen Momenten ausstrahlt, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Monkey sicher nicht für die breite Öffentlichkeit musizieren. Ihre – oder Damon Albarns – „Journey To The West“ verlangt es, sich auf sie einzulassen. Egal ob nun im intensiven Studium oder in der Bereitschaft, sich von ihr einschließen zu lassen, ist diese Antike mit Postmoderne verbindende, diese Eurasien überbrückende Pop-Oper – dieses Musical – ein anspruchsvolles Hörvergnügen. Aber von Monkeys kindlichen Eskapaden zu Beginn bis zum Einzug ins Paradies bleibt sie doch immer dies: amüsant und kurzweilig.

Oliver Bothe

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