„Wie, die kommen aus Deutschland?!“ – Ungläbigkeit in Bezug auf die Herkunft der jungen Kasselaner, die nicht ganz unberechtigt ist. Songs wie „Stolen Dance“ oder „Down By The River“ klingen tatsächlich nicht nach made in Germany. Zu relaxt erfüllen Milky Chance auf ihrem Debüt Singer-/Songwriterqualitäten, die tanzbare Elektroanleihen und unaufgeregte Reggaerhythmen einfließen lassen. Na gut – wer sagt denn, das man als deutscher Musiker mit seinem Gedudel nicht völlig entspannt Richtung Jamaica schauen kann? Sowieso: Was ist denn typisch deutsche Musik? Wer hierauf nur mit Seeed und Herbert Grönemeyer antwortet, denkt ja tatsächlich in sehr ungenügenden Kategorien.

Vielleicht sind es ja die nicht unerhebliche Portion Weltoffenheit und Großräumigkeit, die vielen Lichtungen und der einfache Drive, durch die es schwerfällt, Milky Chance nur in nationalen Grenzen zu denken. All das jedenfalls ergibt die perfekte Mischung, die ihr Album „Sadnecessary“ zu einem unkomplizierten Wohlfühlsoundtrack macht: vierzehn Einheiten luftige Sonnigkeit, die dazu verführen, einfach mal alles loszulassen und sich auf seine Gehörgänge zu konzentrieren.

Erzählt wird hier zwar nichts Neues, dafür aber in wundervoller Kratzigkeit und äußerst sympathischer Bescheidenheit. Kleine und große Gefühle finden hier ihren Platz und ihren Bezug zum Albumtitel „Sadnecessary“. Traurige Notwendigkeit? Gewollte Melancholie? Fernweh? Sehnsucht? Eifersucht? Liebe? Liebeskummer? Ja, all das findet sich auf diesem Debüt. Die besondere Gratwanderung, die die Künstler hier vollbringen, ist jedoch, niemals zu schwerfällig zu werden, gleichzeitig aber auch die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Kurz gesagt: hier wird weder gelangweilt noch erschlagen.

Typisch deutsch ist das alles vermutlich nicht. Aber gut ist es. Egal, wo es herkommt.

Silvia Silko

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