Rezension

Merchandise

After The End


Highlights: True Monument // Little Killer
Genre: Pop // New Wave
Sounds Like: The Smiths // Interpol // Coldplay

VÖ: 22.08.2014

„After The End“ klingt nach Manchester. Nach verregneten Morgen, Mittagen und Abenden, verwitterten Industriebrachen, abgestandenem Ale. Doch an „After The End“ klebt keine Factory-Katalognummer. Anstelle zum Tanz in der Hacienda einzuladen, könnten Merchandise ihre ganzjährige Strandparty feiern; sie stammen nämlich aus Tampa, Florida. Melancholie aus dem Sunshine State? Es gibt näherliegende Assoziationen.

Natürlich kann man Merchandise aus dem verpassten Geburtsort keinen Strick drehen. Gefühle sind wohl nicht an geographische und politische Grenzen oder Epochen gebunden. Blöd nur, dass sie hier vollkommen künstlich sind. Irgendwann waren Merchandise mal eine von den Achtzigern beeinflusste Punkband. Und da sie selbst nicht müde werden, auf ihre tiefe, langjährige Verwurzelung innerhalb der echt hart arbeitenden DIY- und Hardcore-Szene hinzuweisen, sollten sie sich wohl selbst bewusst sein, dass „After The End“ Ausverkauf ist. So richtig scheußlicher.

Auch wenn Merchandise in ihrem sechsjährigen Bestehen nie die originellste Band waren, so vermischten sie doch geschmackvolle Einflüsse wie die Smiths, Echo & The Bunnymen oder The Church. Und obwohl Sänger Carson Cox die Vokale immer noch dehnt wie Morrissey bei seinen schönsten Schmonzetten, haben diese Vorbilder ausgedient. Der instrumentale Opener „Corridor“ gibt die Richtung vor: Merchandise wollen es wissen und liefern mehr. Mehr Spuren, mehr Hall, mehr Coldplay. „After The End“ schießt weit über das Ziel hinaus und erschafft eine groteske Fratze der Achtziger, die Chris Martin und seine Jammerlappen nicht schlimmer hingekriegt hätten. Fast freut sich der Hörer über die Oasis-Gedächtnisdrums auf „True Monument“, versprechen diese doch immerhin etwas Abwechslung aus dem ewig gleichen Trott. Lediglich die erste Single „Little Killer“ zieht die Karre ein wenig aus dem Dreck und erkennt den Wert einer ordentlichen Leadgitarre.

Wenn die letzten drei Lieder zu einer quasi endlosen, klumpigen, elegischen Soße verpanscht werden, die große Melodiebögen und noch größere Gefühle überspannt, weiß man, dass es an der Zeit ist, sich von dieser Gruppe zu verabschieden. Merchandise sind einfach eine der unglücklichen Bands, die mit jedem zusätzlichen Schliff und jedem vergrößerten Mischpult immer austauschbarer klingen. Sicher, sie wollen in die Radios und Fernsehsendungen dieser Welt. In dein Herz schafft es „After The End“ hingegen nicht.

Yves Weber

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