Rezension
Matthew E. White
Big Inner
Highlights: One Of These Days // Big Love // Brazos
Genre: Southern Soul // Gospel // Country
Sounds Like: Lambchop // Randy Newman // Dr. John // Iron & Wine
VÖ: 08.02.2013
Wer kennt sie nicht, diese Alben, die scheinbar aus dem Nichts auftauchen, einen förmlich überfallen und das Herz, das sie einem stehlen, einfach nicht mehr hergeben wollen? Wie vom Blitz getroffen, kann man im Nachhinein oft gar nicht so genau rekonstruieren, was es letztendlich eigentlich war, das einen so gekonnt um den Finger zu wickeln wusste. Waren es bei „Big Inner“, dem erstaunlich reifen Debüt eines jungen Avantgardejazz-Bigbandleaders aus Virginia, nun die erquicklichen Gospelchöre, der unnachahmliche Soul in Matthew E. Whites Stimme oder die unverschämt groovigen Arrangements, bei denen es sofort „klick“ machte?
Im Endeffekt wäre es natürlich völlig egal, wenn man beim Versuch, anderen Menschen von dieser zauberhaften Neuentdeckung zu berichten, nicht so kläglich scheitern würde, weil einem angehörs solch herrlich funkiger Southern-Soul-Nummern wie „Big Love“ vor lauter Grinsen und Mitwippen schlicht die Worte fehlen. Selbst wenn man auf Whites Liebe für Randy Newman verweist, die immer wieder hörbar in die nur sieben Songs des Albums einfließt, kann die Hipster-Jugend von heute damit ja zum Großteil nur herzlich wenig anfangen. Da muss man schon eher auf Vergleiche mit dem letzten Album von Iron & Wine, Kurt Wagners frühen Lambchop-Platten oder die Jungs von Gayngs zurückgreifen, um zumindest annähernd adäquat zu beschreiben, was White hier mit der Hausband seines eigens gegründeten Labels Spacebomb Records fabriziert hat.
Letzten Endes ist es wohl dieser wunderbar urige 70s-Vintage-Sound an sich, dem sich „Big Inner“ verschrieben hat und den man in der Form und Qualität heutzutage kaum mehr auf die Ohren kriegt, der einen vom ersten Moment an gefangen nimmt und aufgrund unwiderstehlicher Basslines, vorlauter Bläser und pfiffiger Pianoparts auch nicht mehr so schnell loslässt. So muss man im Opener „One Of These Days“, einer verträumten Ode an die bedingungslose Liebe, unweigerlich selig mitsummen und in der wehmütigen Schunkel-Soulballade „Will You Love Me?“ selbst immer wieder aufseufzen, weil hier einfach genau die richtigen Knöpfe gedrückt werden. Und spätestens, wenn Missionarssohn White und sein Gospelchor in den letzten fünf Minuten des Album-Closers „Brazos“ voll und ganz in einem unablässigen „Jesus Christ is our Lord / Jesus Christ, he is our friend“-Mantra aufgehen, während die Band sich zunehmend in einen ausschweifenden Jam hineinsteigert, kann man aus Mangel an Superlativen nicht anders, als White selbst zu zitieren, um der eigenen Begeisterung über "Big Inner" Luft zu machen: „You’re the sweetest revelation“, „you give me joy like a fountain deep down in my soul“, „like the sweetest thing the Lord has ever made". Ein kleines Geschenk Gottes.
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