Rezension

Marnie Stern

Marnie Stern


Highlights: Transparency Is The New Mystery // Female Guitar Players Are The New Black
Genre: Noise-Pop // Progressive Pop-Rock
Sounds Like: Sleater-Kinney // The Mars Volta // I Heart Hiroshima

VÖ: 15.10.2010

Marnie Sterns drittes Album stürzt von Beginn an wie ein Bergbach auf uns ein, der durch das Schmelzwasser des vergangenen Winters und zusätzliche Regenfälle zum reißenden Strom angeschwollen ist. Vom ersten Ton des eröffnenden „For Ash“ an zaubert Sterns Verbindung von progressiven Rockeskapaden mit extrem poppigem Wohlklang ein Lächeln auf die Lippen und lässt gleichzeitig verwundert die Stirn in Falten legen.

Auch im wiederholten Hören des Albums verschwindet dieser erstaunte und verwirrte Eindruck nicht, allein die Begeisterung wird immer größer. Das einzige Problem des Albums mag sein, dass es den Hörer nie lang genug zu Atem kommen lässt, um die vielfältigen Eindrücke wirklich zu verarbeiten. Zwar bietet das ungemein verspielte „Transparency Is The New Mystery“ immer wieder sekundenweise Zeit zum Atemholen, doch zum wirklichen Zur-Ruhe-Kommen reicht das nicht.

Man mag gegenüber dem Album und Marnie Stern einwenden, hier werde nichts wirklich Neues, nichts, was nicht vorher schon von anderen so gespielt worden sei, präsentiert – und das stimmt. Zudem mag angemerkt werden, die Energie und Wucht, die der Hörer empfindet, dienten allein dazu, diesen ersten Vorwurf zu kaschieren. Auch dies muss als Möglichkeit zugestanden werden. Diese Anmerkungen lassen sich auch nicht damit kontern, man entdecke bei jedem Hören Neues in den Stücken – auch das ist eine Grundeigenschaft der progressiven Musikgenres. Der Sturm und die Fluten, die Stern hier über uns hereinbrechen lässt, müssen also tatsächlich als Argument für dieses Album ausreichen in ihrer reinen Energie, in ihrer Verspieltheit, in ihrem melodischen Wohlklang, der die gleichzeitig vorhandenen Disharmonien und das präsentierte Chaos transzendiert. Das Singen der Gitarren, die hymnischen, engelhaften Gesänge der Künstlerin – wenn man den Begriff des Engels kreativ auslegt – und das wohldosierte, fachmännische Schlagwerk lassen Marnie Sterns drittes Album – ohne das es irgendwelche großartigen Alleinstellungsmerkmale besäße – in beeindruckender Weise hervor scheinen aus den Veröffentlichungen des Jahres 2010.

Oliver Bothe

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