Rezension

Mark Berube

Russian Dolls


Highlights: Confessions To A Streetlight // Carnival // Ethiopia
Genre: Kammerfolk // Singer-Songwriter
Sounds Like: Sophie Hunger // Dan Mangan // The Swell Season

VÖ: 25.04.2014

Wer zum ersten Mal in seinem Leben eine echte Matrjoschka in den Händen hält, mag vom handwerklichen Geschick, das dahinter steckt, beeindruckt sein und staunen, wie viele Schichten eine so kleine russische Holzpuppe haben kann. Bei denjenigen, die diese weltberühmten Talismane kennen und vielmehr für völlig überteuerte Staubfänger-Souvenirs aus einem politisch fragwürdigen Land halten, kann die Reaktion wiederum ganz anders aussehen: Meh.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Mark Berubes neuem Album „Russian Dolls“. Wer mit der bezaubernden Musik des kanadischen Singer/Songwriters bislang noch nicht Bekanntschaft gemacht hat, erhält mit Songs wie dem leichtfüßigen „Confessions to a Streetlight“, in dem feine Autoharp-Akzente gesetzt werden, oder auch der Vorab-Single „Carnival“, die sich, begleitet von wirbelnden Drums, groovigen Bass-Soli und rezitativisch anmutendem Sprechgesang, karussellartig zu einem kleinen Crescendo hoch kurbelt, sicherlich einen guten ersten Eindruck seines Schaffens. Bei so manch einem treuen Hörer dürfte sich im Verlauf der Platte hingegen latente Enttäuschung breit machen.

Denn als Ganzes klingt das handwerklich wie gewohnt gut gemachte Album einfach ein wenig zu rastlos – zumindest für diejenigen, die Berubes größte Stärken kennen: seine Feinsinnigkeit und Eloquenz. Während auf seinen frühen Werken nicht selten minimalistische Spoken-Word-Nummern das große Highlight darstellten, fehlt es auf „Russian Dolls“ an solch leiseren Momenten, die Zeit zum Reflektieren und genaueren Hinhorchen bieten würden. Vielmehr wird Berubes Poesie hier von Kammerfolk-Arrangements übertüncht, die trotz schön schwirrender Cello-Einsätze, singender Säge sowie Moog-artiger Synthies und verspielter Percussion in allen Formen und Farben („The Good, The Bad, And The Photograph“) auf Dauer schlicht zu eintönig wirken.

In Anbetracht einer Songperle wie „Ethiopia“, das mit leicht afrikanisch angehauchten Rhythmen und großartigem Zusammenspiel von Rhodes, Cello, Piano, Bass und Sprechgesang voll ins Schwarze trifft, mag das durchaus Jammern auf hohem Niveau sein. Aber wer sich die Messlatte selbst so hoch legt, wie Mark Berube es mit seinen Vorgängern tat, muss damit rechnen, sie irgendwann zu reißen – und sollte dann am besten einfach wieder aufstehen und neu Anlauf nehmen.

Paulina Banaszek

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