Rezension

M.A.N.D.Y.

Body Language Vol. 10


Highlights: You MakeMe Real // Lichtpille // OFI // Thieve $crilla // Concious Movement // Addio Addio
Genre: Tech House
Sounds Like: Nicolas Jaar // Booka Shade // Extrawelt

VÖ: 22.04.2011

Zwei Compilations, zweimal Orientierung an Clubsounds, zweimal geben die Hausherren sich selbst die Ehre. Einerseits ist da Atas „Live At The Robert Johnson 7“ und die Wiederauferstehung eines funkigen post-kraftwerk’schen Krautdisco-Entwurfs im Heute, und andererseits präsentieren Get Physicals M.A.N.D.Y. ihre zweite Body Language als Sammlung all dessen, was dieser Tage in Techno und House begeistert. So unterschiedlich der Ansatz, so uneingeschränkt begeisternd das Ergebnis.

Namedropping sagt nichts über die Qualität einer Mix-CD, aber bei „Body Language Volume 10“ stehen beide tatsächlich im Einklang. Von Brandt Brauer Frick über Extrawelt, Ramadanman, Koze, Marc Houle bis zu Nicolas Jaar und Kollektiv Turmstrasse vereinen Philipp Jung und Patrick Bodmer eine beeindruckende Liste und verbinden sie zu einem manchmal überraschenden und immer mitreißenden Mix.

Brandt Brauer Fricks „You Make Me Real“ eröffnet den Reigen. Damit setzen M.A.N.D.Y. überraschend gleich zu Beginn auf offensive Funktionalität, weisen gleichzeitig mit der kreativen Verquerheit des Tracks, der Mischung aus Beats, Klavier und Percussion aber darauf hin, dass hier nicht alles einfach nur auf den Körper zielen soll. Nicolas Jaars Remix von Maceo Plex „Gravy Train“ nimmt dann auch erst einmal das Tempo ein wenig heraus und betont das Melodiöse und Harmonische an elektronischer Tanzmusik. Extrawelts „My Stupid“ im Dub-Edit ähnelt dem in seinem Grundcharakter, weiß aber nicht ganz so zu überzeugen. Auch M.A.N.D.Y. vs. Booka Shade nehmen diese Ästhetik auf, um in „Home“ jedoch den Focus mittels leichter Fidget-Anklänge wieder Richtung expliziter Tanzbarkeit zu verschieben. Carl Craigs Re-Edit von Ramadanman & Applebim ist eine intensive elektronische Genreverschmelzung, dient hier jedoch vor allem als Brücke.

Bis hier nicht erwähnt ist Kid Bliss mit „Discoshit“ – einem Track, der einfach nur seinem Namen gerecht wird und Disco mit deepen Clubklängen von heute verbrämt. Elons „Clap Back“ wiederum lässt den reinen Rhythmus von verzerrt aufsteigenden Vocalsamples relativieren. Im Kontext des Mixes funktioniert das gut, ob das Komplexe des Arrangements auch alleinstehend zu überzeugen weiß, sei dahingestellt. Kaum anzweifeln lässt sich jedoch die subtile Hinterhältigkeit von Roman Flügels Remix für Darabis „Top Drop“. Im Grunde treffen zwei Tracks aufeinander: Einerseits offensive Bässe und Beats und andererseits melodisch-spielerische Versatzstücke. Was an dieser Stelle noch einfach nur übereinandergelegt wirkt, ergibt in Dapayk Solos „Lichtpille“ eine perfekte, ekstatische Mischung.

Hektische Beatkaskaden, deren Entwicklung kaum nachzuvollziehen ist, bietet Patrice Bäumels „To Insanity And Beyond“, an den sich der funky-ravige Electro „OFI“ von Model 500 anschließt. Das Tempo bleibt zunächst hoch, aber strukturierter; die Ekstase wird wieder angestachelt und der Topf durch überraschende Tempowechsel zum Überkochen gebracht. Wenn man hoffte, SECTs „Thieve $crilla“ würde zur Ruhe kommen lassen, wird man enttäuscht. Dauernd moduliertes Tempo, langsame Bassläufe und variierende Beatkonstrukte irgendwo zwischen House, Electro und britischer Bassmusik lassen staunen und versetzen Stromstöße, ohne letztendlich die Spannung vollkommen zu entladen. Von hier führt der Weg via technoid aufgeputschter Synthiepopklänge, housiger Synth-Eskapaden und oszillierender, atmosphärisch-melodischer Drones hin zu der Jenseitigkeit von einerseits Marc Houles „The Next“ und andererseits Nicolas Jaars „Space Is Only Noise If You Can See“, die M.A.N.D.Y. direkt miteinander verbinden. Die latente Ruhe dieses Zweiklangs darf Rocco Caine noch einmal aufbrechen und uns wieder verstärkt in Bewegung setzen.

M.A.N.D.Y. legen, wie eingangs schon angedeutet, eine „Body Language“-Ausgabe vor, die restlos überzeugt und die fast durchgängig begeistert. In gewissem Sinne vermögen die beiden es sogar, Dinge zusammenzuführen, dessen Zusammenklingen nicht zwangsweise logisch erscheint. Diese Mix-CD ist ein Club-Mix, aber auch eine Platte zum Zuhauseentdecken; und wie viele klar cluborientierte Compilations können das schon von sich behaupten?

Oliver Bothe

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Aufnahme des M.A.N.D.Y-Sets im Watergate am 11.12.2010

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