Rezension

Low Roar

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Highlights: Breathe In // Nobody Loves Me Like You // Please Don’t Stop (Chapter 1 + 2) // Dreamer
Genre: Folk // Ambient // Singer-Songwriter
Sounds Like: Sigur Rós // múm // Amiina // Rökkurró // Radical Face

VÖ: 08.07.2014 (Import)

Ist es nicht verblüffend, wie groß der Einfluss unserer Umgebung auf unser Innenleben, unser gesamtes Fühlen und Denken ist? Was auch immer es war, das Ryan Karazijas dazu brachte, Kalifornien und seine dort ansässige Indierock-Band Audrye Sessions hinter sich zu lassen und nach Reykjavik zu ziehen – man kann nur erahnen, wie sehr sein Leben sich durch diesen Schritt verändert hat. Eine kleine Ahnung davon gibt uns seine Musik, denn Karazijas blieb seiner Passion treu und machte als „Low Roar“ weiter. Vor drei Jahren erschien sein wunderbares Solo-Debüt, das einen mit seinen sphärischen Folksongs direkt verzauberte und nicht ohne Grund erhebliche Wellen schlug. War sein Debüt noch das vertonte Ankommen an einem neuen Ort, so zeigt sein Zweitwerk „0“, dass er in Island tatsächlich seine neue Heimat gefunden hat.

Alles greift hier perfekt ineinander: Der Übergang zwischen akustischen und elektronischen Klängen erscheint so fließend, dass man ihn nur selten bewusst wahrnimmt. Alles verbindet sich zu einer Einheit, die so viel Wärme spendet, dass man sich schnell festhört an Low Roars zweitem Album, das noch weitaus mehr nach Island klingt als sein Debüt – ohne die isländische Musikszene pauschalisieren zu wollen. Denn natürlich muss man direkt an Sigur Rós denken, wenn sich schon im Opener „Breathe In“ Ryan Karazijas Falsettgesang über einem zerbrechlichen Streicherteppich erhebt. Allerdings spielt sich wie auch auf dem Vorgänger die Musik von Low Roar in einem deutlich kleineren Rahmen ab und ufert selten aus. Das liebliche „Nobody Loves Me Like You“ setzt sich schon nach den ersten Durchläufen im Gehörgang fest und das bezaubernde, jedoch mit eineinhalb Minuten viel zu kurz geratene „In The Morning“ zeigt, wie nah Karazijas zum Teil dem klassischen Folk steht.

Doch „0“ hat weitaus mehr zu bieten als ein paar nette Songs. Allein schon der Facettenreichtum des in zwei Kapitel aufgeteilten „Please Don't Stop“ macht dieses Album zu einem der schönsten, die man in diesem Jahr bisher hören durfte. Wenn einem zum Ende des Albums hin Karazijas nachdrückliche, schon fast flehende Worte „Please don't take it the wrong way“ erneut begegnen und man sich daran freut, die Melodie wiederzuerkennen, wird einem ganz warm ums Herz, und man muss keine Sekunde nachdenken, bevor man sich wieder bereitwillig in Low Roars Klangwelten begibt und sich in der Fantasie seinen romantisierten Island-Bildern hingibt. Was muss das nur für ein wundervolles Land sein, dass es einen Menschen dazu bringt, derart schöne Musik zu machen?

Kilian Braungart

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