Rezension
Lou Reed & Metallica
Lulu
Highlights: Iced Honey // Frustration
Genre: Thrash Metal // Spoken Word
Sounds Like: Slayer // Megadeth // The Paper Chase
VÖ: 28.10.2011
Wer nicht lange drüber nachdenkt, könnte es für eine großartige Kombination halten: Metallica kollaborieren mit Lou Reed (oder, besser gesagt, fuckin' Metallica kollaborieren mit Lou fuckin' Reed), um sich mit einem Spoken-Word-Thrash-Metal-Album des Lulu-Themas anzunehmen – eines Motivs also, das der Welt schon kulturelle Meisterstücke wie Nabokovs „Lolita“ oder „American Beauty“ beschert hat. Metallica, Lou Reed, Lulu – das klingt, wenn man nicht lange darüber nachdenkt, wie ein Kobe-Burger, der dazu noch edel mit Gänseleber und Trüffelsoße vollgestopft ist. Dass das Ganze dann zwar teuer wird, aber nicht unbedingt schmeckt – das fällt einem vielleicht erst später auf.
Oder, anders gesagt: Essen und eben auch Musik sind zwei der Domänen, in denen die Multiplikation von Plus und Plus doch durchaus mal Minus ergeben kann. Im Falle von „Lulu“ kann das Produkt dann sogar so sehr ins Negative gehen, dass es stellenweise fast lächerlich wirkt. Fairerweise muss hier gesagt werden, dass sich Band, Reed und Thema die Schuld an diesem Eindruck fair teilen. So klingt der Opener „Brandenburg Gate“ mit Reeds morbiden Lyrics, um die herum nur ganz langsam ein klassischer Rocksong aufgebaut wird, noch ganz vernünftig, bis James Hetfield plötzlich ein euphorisches „Smalltown giiiiiiaaaal“ und sein seit jeher nicht ganz ernst zu nehmendes „Yeaaayiyeah“ hineinbölkt. Bei „Frustration“, das die zweite CD einleitet (denn ja, „Lulu“ musste auf gleich zwei Rohlinge gebannt werden), ist das Prinzip umgedreht: Was einem hier gleich zu Beginn an Riffgewitter erwartet, erfreut das headbangende Herz – bis Lou Reed dann erst eine Melodie einstreut, die irgendwie an „Oh When The Saints Go Marchin' In“ erinnert und danach irgendwas davon erzählt, spermless like a girl zu sein. Die Texte mögen für sich gesehen interessant sein – wenn sie aber von der altehrwürdigen Stimme Reeds vorgetragen werden, lassen sie den Herrn irgendwie unschön senil klingen.
Man könnte noch weitere Instanzen nennen, an denen die Kombination von Metallicas Thrash Metal und Reeds Spoken Word merkwürdig anmutet – sie wären alle nur Beispiele für das dem Album zugrunde liegende Dilemma: Die Band kann sich nicht austoben, wie sie will, da zu deutliche Soli und Rhythmenwechsel zu sehr vom Vortrag ablenken würden – will man sich diesen jedoch aufmerksam anhören, nervt das Gepolter im Hintergrund. So gesehen hätte das Album vielleicht sogar besser werden können, wenn es komplett in ein Instrumental Metallicas und eine Lesung Lou Reeds aufgeteilt wäre – dann könnte man Koberind und Trüffel wieder separat verputzen, wie es ihnen gebührt. Man könnte aber auch einfach wieder das schwarze Metallica-Album hervor kramen, danach irgendetwas von Velvet Underground und „Lulu“ einfach vergessen. Wahrscheinlich das bessere Rezept.
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