Rezension
Lapalux
Ruinism
Highlights: Reverence // Data Demon // Rotten Arp // Phase Violet
Genre: Experimental // IDM // Glitch
Sounds Like: Nosaj Thing // Burial // Brainfeeder
VÖ: 30.06.2017
„Ich habe Synthesizer und Drum-Versatzstücke aufgenommen und erneut gesampled, gepitcht, verbogen und miteinander verschmolzen – „until it was ruined“ – bevor ich die völlig entstellten Samples aus dem mittlerweile entstandenen Trümmerhaufen barg und erneut versuchte, diese in etwas Kohärentes zu verwandeln.“
"Ruinism". Programmatisch verabschiedet sich der britische Beatmaker auf seinem dritten Album vom Fertigen. Die Lieder klingen skizzenhaft. Stuart Howard spannt weite Flächen, folgt wendeltreppenartigen Steigerungen, die sich in digitalen Wolken verlaufen und benutzt Rhythmen scheinbar nur, wenn es nicht anders geht. Das Schlagwerk erscheint dadurch wie ein Versatzstück zwischen vielen anderen. Das funktioniert zum Teil sehr gut, besonders in der ersten Hälfte des Albums gelingen ihm musikalische Geniestreiche. Die Atmosphäre ist futuristisch und erzeugt Bilder von Cyberpunkcafés mit Roboterbedienungen neben dem Schwarzmarkt für Neuroware. Gern flechtet er Frauenstimmen in diese Klangskulpturen. Sechs Sängerinnen hat er dafür versammelt.
Mit "Rotted Arp", begleitet von Louisahhh (NY, Djane, Titelträgerin: Königen des Techno), schafft er seinen Höhepunkt. Hier treffen alle guten Seiten des Albums zusammen. Die zerbrochene Klänge formen eine fragile Melodie, ein gesungenes Gedicht erschafft eine besondere Intimität und auf einen Schlag wird man von einem langsam Arpreggiator auf den Dancefloor entführt.
Auch textlich bewegt sich Louisahhh in emotionalen Ruinen: It`s frustration that creates desire // not the other way around // unless you let it.
Leider ist dieser Höhepunkt schon der vierte Song des Albums. Danach erreicht er nicht mehr diese Intensität. In der zweiten Hälfte fehlen die starken Brüche und die Songs ("Flickering", "Running To Evaporate") scheinen als Ruinen schon so weit weg zu sein, das ihre Zerstörung nicht mehr sinnlich erfahrbar ist, sondern nur als Ahnung oder Irrlicht am Himmel steht.
Die besonderen Momente die Lapalux aus seinen Trümmern komponiert, lassen seine Arbeit an das japanische Kintsugi erinnern. Hier wird gebrochene Keramik mit Gold repariert, um den Bruch zu betonen. Natürlich benutzt Lapalux kein Gold, sondern Synthesizer, aber das Ergebnis ist oft genauso beeindruckend. Das die starken Momente so auffallen liegt natürlich an dem Beiwerk, was zwar das Niveau nicht halten kann, doch ein stabiles Fundament für seine Ausbrüche bildet.
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