Rezension
Lanterns On The Lake
Gracious Tide, Take Me Home
Highlights: Lungs Quicken // If I've Been Unkind // Ships In The Rain // Tricks // I Love You, Sleepyhead
Genre: Post-Folk // Post-Rock // Dream-Pop // Ambient
Sounds Like: Sigur Rós // Spokes // múm // Beach House // Efterklang // Brave Timbers
VÖ: 23.09.2011
Alles fängt an mit diesem einen hellen Ton, der sich seinen Weg durch das neblige Nichts bahnt. Langsam zeichnen sich die ersten Konturen ab. Lanterns On The Lake aus Newcastle geben sich zu erkennen, und da ist es auf einmal – dieses einzigartige Gefühl, das diese Musik in einem hervorruft.
Wie kann Musik so schmerzlich und so schön, so elegant und gnadenlos konsequent, so feinsinnig, so überwältigend mächtig zugleich sein? Allein schon dieser Albumtitel! „Gracious Tide, Take Me Home“. Was soll man dazu noch sagen? Was für eine aufreibende Angelegenheit das Debütalbum von Lanterns On The Lake ist, wird schnell deutlich. „Lungs, please breathe for me, heart just beat for me“ singt Hazel Wilde mit ihrer unverkennbaren Stimme, die es trotz ihrer Zerbrechlichkeit schafft, diese Songs mit Leichtigkeit zu tragen. Man hat keine Wahl, man muss einfach weiterhören.
Diese Musik ist so dicht und atmosphärisch, dass man als Hörer zunehmend die Kontrolle verliert. Der Sogwirkung dieses Albums kann man sich nicht entziehen, es sei denn, man kann nicht nachvollziehen, was Lanterns On The Lake in diesen Songs beschäftigt. Wie schmerzlich ein Verlust sein kann, wie quälend das Warten und die Ungewissheit, wie unerträglich die Einsamkeit – es ist nicht verwunderlich, dass sich die meisten Songs dieses Albums um das Meer drehen, wenn es um solche Themen geht. Faszinierend ist dabei, wie elegant sich Lanterns On The Lake lyrisch zwischen den Bildern von der Geborgenheit des Hafens, der Weite des Meeres und der Verlorenheit umhertreibender Boote bewegen, ohne platte Lebensweisheiten von sich zu geben. Besonders beeindruckend in seiner Schlichtheit ist da „Ships In the Rain“, in dem Hazel Wilde die Perspektive eines ertrinkenden Fischers einnimmt:
My body's an anchor and lost to the sea
I look to the stars as the waves cover me.
It's a beautiful night to behold
The most beautiful I've ever known.
Ships in the rain, I'll see you again.
Ships in the rain, I'll see you again.
Doch „Gracious Tide, Take Me Home“ hat noch so viele weitere Qualitäten, die es nicht nur zu einem sehr guten Album, sondern zu einem kleinen Meisterwerk machen. Die Mischung aus Folk, Dream-Pop, Post-Rock und Ambient hat man in dieser Form noch nicht gehört und strahlt eine Ruhe und Erhabenheit aus, die von der Souveränität zeugt, mit der Lanterns On The Lake Musik machen. Wie perfekt die Band es versteht, sich auf leisen Sohlen zu bewegen und dennoch die großen Ausbrüche überzeugend zu inszenieren, zeigt sich vielleicht am besten in „I Love You, Sleepyhead“, das sich rund um ein paar einfache Klavierakkorde aufbaut. „You're just in time to save a life“ singt Hazel Wilde erschöpft und niedergeschlagen, als ob sie schon nicht mehr an Rettung glauben würde, bevor schließlich alles von einer immer größer werdenden Flutwelle überrollt und mitgerissen wird.
Auch der Hörer wird eine Dreiviertelstunde, nachdem alles losging, wieder an die Küste gespült und weiß nicht so recht, wie ihm geschehen ist. Ist das gerade alles wirklich passiert? Dieses Album muss man erlebt haben. Wer es einmal gehört hat, wird sich wieder in diese Fluten stürzen wollen.
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