Rezension

Kate Bush

50 Words For Snow


Highlights: Snowflake // Among Angels // Misty
Genre: Pop // Alternative
Sounds Like: Tori Amos // PJ Harvey // Björk // Joni Mitchell // Peter Gabriel

VÖ: 18.11.2011

“Wer dieses Album hat, der braucht kein anderes mehr.“ So wurde anno 2005 das letzte wirklich richtige Album “Aerial“ von Kate Bush beschrieben. Und guten Gewissens könnte man nun, sechs Jahre später, auch exakt das Gleiche über das neue Album “50 Words For Snow“ sagen, und würde es damit definitiv wieder auf den Punkt bringen. Mit ihrem bislang neunten Album (klammert man einmal die ebenfalls dieses Jahr erschienene, aber gänzlich unnötige Remix-Platte “Directors Cut“ aus) gelingt der britischen Songwriterin schlicht und ergreifend wieder einmal ein kleines Meisterwerk – und das mit gerade einmal sieben Songs.

Doch “Aerial“ und “50 Words For Snow“ haben neben der Tatsache, dass beide schlichtweg großartige Alben sind, noch weitere kleinere ’Parallelen’ aufzuweisen. Wurde Kate Bushs Sohn Albert auf “Aerial“ zum Beispiel noch ein ganzer Song (“Bertie“) gewidmet, eröffnet dieser nun mit dem Song “Snowflake“ das neue Werk – und damit das erste ganz große Highlight der Platte. Es erweckt hierbei zunächst den Eindruck, dass der Song einfach nur aus der Sicht einer fallenden Schneeflocke erzählt wird ”I was born in a cloud / Now I am falling / I want you to catch me / Look up and you'll see me / You know you can hear me.” Doch schnell wird klar, dass Kate Bush mit dem Bild der Schneeflocke versucht, ihre mütterliche Liebe wie schon damals beim Song ”Bertie“ (“Here comes the sunshine / Here comes that son of mine / Here comes the everything / Here's a song and a song for him”) erneut in Worte zu fassen. Ein sanftes Piano und leises Orchester- und Schlagzeugspiel im zweiten Teil des Stücks untermalen dieses Bild nahezu in Perfektion. Sowieso fällt das ganze Album sehr minimalistisch aus. Reduzierte Instrumentierung, kaum Up-Tempi, stattdessen ein dominierend wundervolles Pianospiel, bei dem das Kopfkino verrückt spielt und einem beim Hören wunderschön verschneite Winterlandschaften vor dem geistigen Auge erscheinen.

Überhaupt gelingt es Kate Bush, mithilfe unzähliger Winterbilder das Leben mit all seinen schönen und traurigen Facetten zu beschreiben. Im fantastischen Song “Misty“ singt die Britin offenkundig über die Geburtsstunde eines Schneemanns (“Roll his body / Give him eyes / Make him smile for me“). Doch im weiteren Verlauf des knapp 13-minütigen Songs wird einem spätestens bei den Zeilen “So cold next to me / I can feel him melting in my hand“ klar, dass hierbei nichts anderes thematisiert wird als der Verlust einer großen Liebe und die Vergänglichkeit ganz großer Gefühle – ein Motiv, das sich durch das ganze Album zu ziehen scheint.

Neben ihrem Sohn Albert wird Kate Bush auf “50 Words For Snow“ noch von einer Reihe weiterer Männer unterstützt, beispielsweise Stephen Fry, der Kate Bush beim Titeltrack des Albums (übrigens dem einzig schwächeren Song) eben jene 50 Wörter für Schnee vorträgt, und hierfür von ihr immer wieder angefeuert wird (“Come on now / just 22 to go / Let me hear your 50 words for snow“). Auch Sir Elton John konnte für ein weiteres Feature gebucht werden und ist nun beim Stück “Snowed In At Wheeler Street“ zu hören, wie er im Duett mit Kate einmal mehr über den Verlust der Liebe singt.

So ist Kate Bush mit “50 Words For Snow“ nach sechsjähriger Abstinenz ein Album gelungen, von welchem man in den nächsten Wintermonaten noch lange zehren kann, und das einen nicht unbedingt dazu veranlasst, nach draußen in die Kälte zu treten, um sich mit neuen Platten einzudecken. Denn wer dieses Album hat, der braucht kein anderes mehr – zumindest bis es wieder wärmer wird.

Benjamin Schneider

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