Rezension
Jupiter Jones
Entweder Geht Diese Scheußliche Tapete Oder Ich
Highlights: Alleiner // Wir Sind Ja Schliesslich Nicht Metallica // Weitergehn
Genre: Deutschpunk
Sounds Like: Muff Potter // Rancid // Kettcar
VÖ: 08.06.2007
Ich habe einen Freund. Dieser zählt, obwohl er einen recht weiten Musikhorizont hat, hauptsächlich Punkbands, wie Muff Potter, Beatsteaks und die Dropkick Murphys zu seinen Lieblingen, und nervt seit einigen Wochen jeden, der's hören oder meinetwegen auch nicht hören will, damit, dass das Album des Jahres 2007 bereits jetzt unanfechtbar feststünde. Gemeint ist das Zweitwerk der Punkband Jupiter Jones, welches den griffigen Titel "Entweder Geht Diese Scheussliche Tapete - Oder Ich" trägt.
Bei solch überschwänglichem Lob möchte man als angehender Musikpsychologe - hey, wenn es diese Wissenschaftsdisziplin nicht gibt, sollte man sie schleunigst einführen - diese Begeisterung nachvollziehen und beginnt, nach Gründen für diese zu suchen. Fündig wird man schnell: Sänger Nicholas Müller hat eine fantastische Stimme, die zugleich rotzig, wie die von Tim Armstrong zu Rancids besten Zeiten, aber doch auch warm, gefühlvoll, voller Seele ist und so an manchen Stellen an Marcus Wiebusch von Kettcar erinnert. Auch textlich ist Kettcar eine passende Referenz, denn, wie die GhvC-Band, singen auch Jupiter Jones von den persönlichen Momenten, die jeder kennt, aber eigentlich keiner kennen will; emotional, aber weit weg von jeder Affektiertheit. Besonders in den ersten Liedern geht es meist um Einsamkeit und das schmerzhafte "danach" in allen seinen Facetten - denn hier geht's nicht um Verzeihen, es geht um Gehen, wie bereits der Opener in den ersten Zeilen bekanntgibt, und hinzufügt: Nein, alleiner warst du nie.
Musikalisch sei zunächst einmal auf das Genre verwiesen, in dem wir uns befinden. Mutter Punkrock ist immerhin weniger dafür bekannt, ihre Kinder mit mehr als drei Akkorden zu füttern, aus diesem Grunde soll und kann musikalische Originalität kein Kriterium bei der Bewertung einer Punkplatte sein. Gute Punkplatten zeichnen sich - ganz im Gegenteil - häufig dadurch aus, dass sie den Pop nicht aussperren und mit eingängigen Melodien und/oder Textzeilen aufwarten, die sich unwiderruflich in den Kopf des Hörers fräsen. Genau hier liegt jedoch der Kritikpunkt bezüglich "Entweder Geht Diese Scheussliche Tapete - Oder Ich": Abgesehen von dem bereits erwähnten Opener "Alleiner" und "Wir Sind Ja Schließlich Nicht Metallica", bleiben die Songs leider viel zu selten hängen, gefallen zwar beim ersten, zweiten, dritten, vierten Hören, erzeugen jedoch selten dieses Kratzen in der rechten Gehirnhälfte, das dazu zwingt, die Songs nochmal und nochmal zu spielen.
Ohne dieses Kratzen wäre es natürlich vermessen, Jupiter Jones die Krone für das Album des Jahres oder auch nur eine Plakette für eine Platzierung in den Top Ten zu überreichen. Trotzdem soll nicht abgestritten werden, dass ihnen jetzt schon zum zweiten Mal eine wirklich gelungene Platte geglückt ist, die kommende Werke gespannt erwarten lässt. Denn, dass der Weg nie zu Ende ist, scheinen Jupiter Jones selbst am Besten zu wissen, und lassen ihre Platte nach der ganzen Befindlichkeitsfixiertheit mit einem Sonnenstrahl enden, der zwischen den Wolken hindurchblitzt: Denn immer muss es weitergeh'n, mein Freund.
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