Rezension

Jupiter Jones

Das Gegenteil Von Allem


Highlights: 4-9-6 Millionen // Denn Sie Wissen Was Sie Tun // Anderthalb Sommer
Genre: Deutschrockpop
Sounds Like: Revolverheld // Kleinstadthelden // Broilers

VÖ: 11.10.2013

Vor solchen Problemen standen mit Sicherheit auch Jupiter Jones, als sie mit den Aufnahmen zu ihrem neuen Album begonnen haben. Wer hätte auch gedacht, dass knapp zehn Jahre nach ihrer Gründung doch noch der Durchbruch kommen würde? Innerhalb kürzester Zeit avancierte „Still“ zum meistgespielten Lied aller Zeiten im deutschen Radio. Wie geht man mit so etwas um? Jupiter Jones jedenfalls gehen mit weit geöffneten Armen auf ihre neuen Fans zu. Auf „Das Gegenteil Von Allem“ findet sich kaum ein Lied, das den Radiohörern sauer aufstoßen könnte. Dafür eignet sich höchstens das schon vorab veröffentlichte „Denn Sie Wissen Was Sie Tun“: ein absoluter Brocken von einem Lied, der mit fetten Riffs, treibenden Gitarren und angriffslustigem Text daherkommt; mit freundlicher Unterstützung von Ferris MC und Jennifer Weist (Jennifer Rostock). Schnell mussten Fans der ersten Stunde erkennen, dass es sich hierbei keineswegs um ein repräsentatives Stück des neuen Albums handelt. Es ist vielmehr ein letztes wütendes Aufbäumen, eine Erinnerung an alte Zeiten. Die restlichen zehn Tracks verzichten so auch größtenteils auf unangebrachtes Rumschreien und größtenteils leider auch auf sonstige Ecken und Kanten. Selbst die früher so cleveren Texte bleiben dabei auf der Strecke. Dafür heißen die Trümpfe jetzt Eingängigkeit und Radiotauglichkeit. Mal sehen, ob „Rennen + Stolpern“ den mit „Still“ aufgestellten Rekord einstellen kann.

Das wäre ja alles auch gar nicht weiter schlimm. Es ist ein vollkommen legitimer Wunsch, dass die eigenen Lieder im Radio laufen und von ganz Deutschland gehört werden. Und Jupiter Jones sind nicht die erste Band, die aus dem Punkmilieu kam und sich dann langsam Album für Album dem Mainstream angenähert haben. Aber man kann das entweder mit Stil tun oder sich mit einem Haufen überproduzierter Balladen dem neuen Publikum an den Hals werfen. Solche Dinge sollen Jupiter Jones nun sicher auch nicht vorgeworfen werden, aber auf der anderen Seite wirkt die Produktion schon auffällig keimfrei. Und bei einem Lied wie „Hunderttausend Typen Wach“ geht selbst bei Mutti der Kitschalarm. Dass ruhiger Deutschpop nicht so klingen muss, zeigt sich erst am Ende von „Das Gegenteil Von Allem“. „Alles Was Ich Weiß“ hat zwar auch elektronisches Gedudel im Hintergrund und ist meilenweit von jeder Subversivität entfernt, doch es lässt sich davon nicht unterkriegen. Dieses Stück sticht hervor, weil es zwar ruhig ist, aber trotzdem roher klingt als die anderen und Nicholas Müllers schwerer Atem, mit dem das Album zu Ende geht, erinnert den Hörer daran, dass die letzten zwei Jahre auch für Jupiter Jones mit Sicherheit keine einfache Zeit waren. Das kann entweder versöhnlich stimmen oder den Ärger neu schüren: Anscheinend können sie es noch. Aber warum zeigen sie es dann nicht häufiger?

Wofür man sich auch entscheidet, es bleibt das unliebsame Gefühl, dass Jupiter Jones mit ihrem neuen Album eine große Chance verspielt hat: Statt mehr kluge deutsche Musik ins deutsche Radio zu bringen gibt es jetzt mehr Radiomusik auf der CD von Jupiter Jones. Schade.

Lisa Dücker

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Video zu "Rennen + Stolpern"

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