Rezension

Julian Casablancas + The Voidz

Tyranny


Highlights: Take Me In Your Army // Dare I Care // Nintendo Blood
Genre: Rock // Alternative Rock // Garage Rock
Sounds Like: XTC // White Lies // The Strokes

VÖ: 10.10.2014

Ganz sanft begrüßt uns Julian Casablancas auf seinem neuen Album mit der Band The Voidz. Zwar poltern die Drums gegen Ende von „Take Me In Your Army“ unheilvoll, aber der Schlaflied-Gesang täuscht geschickt über das hinweg, was in der nächsten knappen Stunde auf „Tyranny“ über den Hörer hereinbricht. Dabei sollten Titel und Cover eigentlich Warnung genug sein. Krach und Melodien an der Grenze zur Disharmonie sind feste Bestandteile des neuen Albums. Zusammengehalten werden die teilweise sehr langen Stücke von Casablancas besonderer Art. Am Ende reicht das aber nicht.

Casablancas Mir-doch-egal-Attitüde war schon immer angenehm punkig für Fans, respektive nervig für andere. In jedem Fall haben sie den Sound der Strokes, als deren Sänger Julian Casablancas weltberühmt wurde, immer ausgemacht. Auch auf dem neuen Album gibt es zumindest gesanglich diese Strokes-Momente. Doch dahinter merkt man, wie wichtig Casablancas die Stücke sind und dass er, wie auch auf den letzten beiden Alben, experimentierfreudig geworden ist. Auf „Tyranny“ finden sich viele Stellen, an denen der Gesang bricht und Geschrei wird. Seine Stimme geht hoch und runter wie eine Achterbahnfahrt. Trotzdem kränkelt die Musik, die er mit den Voidz zusammen macht, an einem zentralen Problem: Immer wieder gibt es verstörende oder einfach störende Ausflüge, die partout nicht in die Songs passen wollen. Auch Noise kann Kunstform sein, aber in vielen der Stücke geht es über vorher genannte Grenzen hinaus und so zerstört oft irgendein Element eine vielversprechende Melodie oder eine gelungene Gitarrenabfahrt. Das mag Konzept sein, das kann aber auch arg nervig sein.

Zwar finden sich in der zweiten Hälfte des Albums mit „Dare I Care“ und „Nintendo Blood“ etwas eingängigere Songs, die aber trotzdem nie so etwas wie Gradlinigkeit entwickeln. Das lässt sich besonders gut am über zehn Minuten langen „Human Sadness“ sehen. Großes soll passieren, aber man verliert das Interesse. Die Rock-Musik von Julian Casablancas + The Voidz ist von den Strokes und deren Qualität nicht zwangsläufig meilenweit entfernt, man wird aber trotzdem das Gefühl nicht los, dass der Mastermind ein Stück weit seinen Verstand verloren hat und diesen Umstand nicht richtig kanalisieren kann. Nicht umsonst behauptete er kürzlich, dass er bei Songs von „Is This It“ nichts mehr fühle. Casablancas hat sich entwickelt. Vielleicht nicht weiter, aber zumindest in eine Richtung. Am Ende des Albums steht der ruhige Song „Off To War...“ und Casablancas gibt sich wie zu Beginn sanft. Nach einer Stunde „Tyranny“ weiß der Hörer aber viel besser zu deuten: Nur die Fassade wirkt so. In Wirklichkeit ist es Zerbrechlichkeit, die man hört und nach diesem Kraftakt von einem Album wirken die Künstler wie mit den Nerven am Ende. Man kann das zwar hören, nur geht es dem Hörer ähnlich wie Casablancas bei „Is This It“: Man fühlt nichts.

Arne Lehrke

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