Rezension

Josh Tillman

Vacilando Territory Blues


Highlights: Vessels // Steel On Steel // Barter Blues
Genre: Singer-Songwriter // Folk // Blues
Sounds Like: Damien Jurado // Jason Molina // Bonnie 'Prince' Billy

VÖ: 16.01.2009

Viel besser kann das eben erst angebrochene Musikjahr doch kaum beginnen: Da haben uns die Fleet Foxes mit ihren warmen Harmonien das letzte Jahr versüßt, und schon geht es weiter mit einem Soloalbum von Josh Tillman, dem Schlagzeuger der Band. Soviel jedoch gleich vorweg: mit den Fleet Foxes hat „Vacilando Territory Blues“ nicht wirklich viel zu tun. Zwar haben zwei Bandkollegen hier und da ein wenig mitgeholfen, und die aus „Your Protector“ bekannten Flöten bekommt man auch hin und wieder zu hören, aber wer auf einen ähnlich überbordenden Sound mit sphärischen Chorgesängen hofft, wird von diesem Album enttäuscht sein.

„Vacilando Territory Blues“ fühlt sich, was seine Atmosphäre betrifft, an, als ob es nachts im Schlafzimmer aufgenommen wurde. Mit einem leichten Vibrato scheint Tillman einem seine Melodien direkt ins Ohr zu hauchen, fast spürt man schon seinen Atem. Die weitgehend spärliche Instrumentierung räumt seiner Stimme genügend Raum ein, um ihre Wirkung voll und ganz zu entfalten. Eine Überraschung stellt daher der in der Mitte das Albums platzierte Song „Steel On Steel“ dar, dem Tillman eine weit üppigere Instrumentierung zugesteht, als man es nach den ersten kargen Weisen erwartet hätte. Das sich anschließende „Laborless Land“ erhält sogar einen feinen Streicherüberzug, der seinem Gesang ebenfalls sehr gut steht. Vom Kitsch ist man aber dank Tillmans ehrlichem und unaffektierten Auftreten weit entfernt, übertriebenes Pathos wird man hier nicht finden.

Für ein klassisches Singer-Songwriter-Album gestaltet sich „Vacilando Territory Blues“ erstaunlich abwechslungsreich. Der verbitterte „Barter Blues“ mit Banjo und Slide-Gitarre ist einer dieser Songs, die auch aus längst vergangenen Zeiten stammen könnten. So trocken, wie er begonnen hat, klingt er aus, um dann in einer Woge aus elektrischen Gitarren noch einmal zurückzukehren und zum „New Imperial Grand Blues“ überzuleiten. Mit seinem schiefen Bläserintro jagt dieser dem Hörer einen leichten Schauer über den Rücken, um sich dann zu einem staubig-stampfenden Rocksong zu entwickeln. Im Grunde braucht Tillman die Band im Rücken aber gar nicht, denn „Vessels“, einer der stärksten Songs des Albums, funktioniert ausschließlich mit Gesang und Gitarre hervorragend. Mit solch einer Stimme kann er aber ohnehin machen, was er will, selbst die schwächsten Songs könnte er mit seinem Gesang veredeln.

Selbstverständlich ist dieses Album längst nicht so spektakulär und innovativ wie das Debüt der Fleet Foxes, und das will es auch überhaupt nicht sein. Josh Tillmans Soloarbeit ist keineswegs als Nebenprojekt, sondern als unabhängiges musikalisches Schaffen zu verstehen. Bevor er im Mai letzten Jahres bei den Fleet Foxes einstieg, hatte er bei diversen Kleinstlabels bereits vier Alben veröffentlicht, und geht mit „Vacilando Territory Blues“ konsequent weiter seinen eigenen Weg. Ob er sich nach nunmehr fünf Alben selbst als vacilando – als Reisender um des Reisens willen - begreift, ohne dabei jedoch das Ziel aus den Augen zu verlieren? Wenn es nach mir geht, darf diese Reise gerne noch lange weitergehen.

Kilian Braungart

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